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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Durchfuehrung

Materialien

Biographisch prozessorientierte Spielfilmarbeit - Ein Medienprojekt gegen Rassismus und Gewalt (Hessen)

Durchführung bzw. Ablauf (inkl. Verantwortlichkeiten)

Welche Schritte kennzeichnen die Durchführung?

Erläuterungen zu den Rahmenbedingungen zur Durchführung der „biographisch prozessorientierten Spielfilmarbeit“ mit einer Berufsfachschulklasse

Die medienpädagogische Arbeit ist zum Teil in den Schulalltag integriert. Sie beginnt in der Klasse. In einmal wöchentlich stattfindenden Treffen zwischen den Schülern und den Medienpädagogen der Universität Kassel werden die Grundlagen für die gemeinsame Arbeit und die Entwicklung des Drehbuchs gelegt. Nach Abschluss dieser Arbeiten beginnen die Dreharbeiten. Während dieser Zeit ruht der Unterricht und die Klasse arbeitet am Stück, zehn Tage lang, von morgens bis abends zusammen. Dabei behalten die Schüler die Regie über den Inhalt des Films. Die externen Medienexperten übernehmen die Verantwortung für die Qualität des Filmes (d.h. Film- und Schnitt-Technik). Jedes Filmprojekt endet mit der Fertigstellung eines gemeinsamen Produkts. Für dieses sollten Präsentationsmöglichkeiten (in der Schule, in einem kommunalen Kino und/oder als Beitrag bei einem Filmfestival) geschaffen werden. Die Ergebnisse des Projekts „biographisch prozessorientierter Spielfilmarbeit“ der Willy-Brandt-Schule (WBS) sind in dem alljährlich vom Präventionsrat der Stadt Kassel initiierten Kasseler Jugendfilmwettbewerb „Gewalt ist keine Lösung: Aktiv - Für Toleranz gegen Brutalität, Hass und Mobbing“ eingereicht und bei der entsprechenden Preisverleihung gezeigt worden.

Standbilder aus dem Film „Eindeutig lila“.
Standbilder aus dem Film „Eindeutig lila“.

Die erste Filmproduktion von WBS-Berufsfachschülern mit dem Titel „Eindeutig lila“ wurde im April 2004 bei der Kasseler Jugendfilmpreisverleihung im Kino Bali der Stadt Kassel gezeigt. Zuvor (im März 04) war der Film bereits feierlich in der Schule vorgestellt worden (Ablaufplan der Präsentation). Das Ergebnis der zweiten Filmproduktion von einer Berufsfachschulklasse mit dem Titel „The nightmare“ wurde zuerst einer breiten Öffentlichkeit  im Rahmen der Jugendfilmpreisverleihung im Kino Bali (Juni 05) gezeigt. Die Präsentation in der Schulöffentlichkeit erfolgte einen knappen Monat später (im Juli 05) (siehe Kurzbeschreibung Filme und Bezugsmöglichkeit und Pressespiegel).  

Einblicke in die medienpädagogische Arbeit

Inhaltlich baute sich das Projekt folgendermaßen auf:


Erste Etappe:
In einen Zeitraum von über 6 Wochen trafen sich die Schüler jeden Montag 6 Std. mit Herrn Dr. Nolle und Studenten der Uni Kassel. Aufgabe war es zunächst eine authentische eigene Gewalterfahrung in Form einer Geschichte aufzuschreiben. Es begann ein intensiver Prozess, sich mit sich und der eigenen Gewalterfahrung auseinander zu setzen. Die Geschichten wurden vor der Klasse vorgetragen. Intensive Gespräche mit hoher Anteilnahme an den erlebten Prozessen fanden statt. Zu jeder Geschichte wurden vier bis fünf Schlüsselworte (key words) gesucht und aufgeschrieben. Die studentischen Moderatoren unterstützten die Schüler dabei, die key words aus den Geschichten zu ermitteln und diese zu einer in sich schlüssigen Geschichte zusammenzufügen.

Zweite Etappe:
Die Geschichte wurde in Sequenzen und Orte eingeteilt, zu denen sich die Schüler zuordneten. Jeweils zwei Schüler schrieben an einem Laptop für die Personen in der Geschichte die entsprechenden Dialoge. Das Drehbuch entstand.

Dritte Etappe:
In der demokratischen Rollenverteilung hatten die Schüler die Möglichkeit zum einen die Rolle zu wählen, von der sie selbst betroffen sind bzw. waren, und zum anderen für jede weitere Rolle einen Vorschlag zur Besetzung zu geben (Identifikationsphase).

Vierte Etappe:
In einem Block von 10 Tagen von morgens um 8.00 Uhr bis abends 20:00 Uhr fanden die Dreharbeiten statt. Jeder spielte mit und erlebte im Spiegelbild nochmals seine eigene Gewalterfahrung. Die einen spielten, die anderen kümmerten sich um die Technik. Nichtspielende Schüler schminkten die Spieler und kleideten sie für die jeweilige Rolle an. Das Schwierigste für die Klasse war der ständige Drehortwechsel, das Auswendiglernen der langen Dialoge, sich mit der Rolle zu identifizieren und das überzeugende Spielen vor der Kamera. Das führte zu einem intensiven Gruppenzusammenhalt, wobei jeder seinen individuellen Aufgabenbereich übernahm (siehe Schrittfolge des „Medienprojekt gegen Rassismus und Gewalt“, didaktische und methodische Schritte der prozessorientierten Spielfilmarbeit).

Vom Pionierprojekt unter externer Regie zur mediendidaktischen Fortbildung für Lehrkräfte – die Chronologie der Implementierungsschritte von „biographisch prozessorientierter Spielfilmarbeit“ an der Willy-Brandt- Schule

Alles begann mit der Teilnahme einer Kollegin der WBS, Frau Funk an einem Vorbereitungstreffen zum ersten Kasseler Präventionstag der Stadt Kassel „Gewalt ist keine Lösung. Aktiv - Für Toleranz gegen Brutalität, Hass und Mobbing“ im Oktober 2002. In diesem Zusammenhang entstand die Kooperation mit der Medienwerkstatt der Universität Kassel. Im Schuljahr 2003/2004 beteiligte sich eine erste Berufsfachschulklasse der WBS an einem von Dr. Nolle durchgeführten Filmprojekt nach der von ihm entwickelten Methode „biographisch prozessorientierter Spielfilmarbeit“. Von Seiten der WBS wurde das Projekt von Frau Funk betreut und innerschulisch organisiert. Der Film „Eindeutig Lila“ (Kurzbeschreibung Filme und Bezugsmöglichkeit) entstand und wurde bei der 1. Kasseler Jugendfilmpreisverleihung gezeigt. Im Schuljahr 2004/2005 beteiligte sich eine weitere Berufsfachschulklasse an dem Filmprojekt. Studierende der Medienwissenschaften (Interkulturelle Medienarbeit) bei Dr. Nolle unterstützten die Schüler. Der Film „The nightmare“ (Kurzbeschreibung Filme und Bezugsmöglichkeit) entstand und wurde wiederum bei der 2. Kasseler Jugendfilmpreisverleihung gezeigt.

Standbilder aus dem Film „The nightmare“.

Die Projektsteuergruppe „Demokratie lernen & leben“ beschloss im Mai 2005 das Medienprojekt in das BLK-Programm aufzunehmen. Bei der Arbeit im Kontext des Projekts "Demokratie lernen & leben" hatten sich bis dahin in der WBS vor allem folgende Schwerpunkte herausgebildet:

Die prozessorientierte Spielfilmarbeit stand thematisch in engem Zusammenhang zur  BLK-Projektarbeit der WBS insgesamt. Durch den Beschluss der Projektsteuergruppe ging es um die organisatorische Einbindung, um dieses Projekt und seine Verankerung in der Schule abzusichern und weiter zu entwickeln. Zwei wesentliche Elemente dazu waren die Aufnahme der projektorientierten Spielfilmarbeit in das Schulprogramm und die Ausbildung weiterer Kolleginnen in diesem Projektbereich. So nahm im Schuljahr 2005/2006 eine Gruppe von zehn interessierten Lehrkräften an einer Fortbildung zu „biographisch prozessorientierter Spielfilmarbeit“ teil. Unter der Anleitung von Dr. Nolle wurden sie in die Technik und Ausführung der prozessorientierten Spielfilmarbeit eingeführt. Sie planen ihre Kenntnisse im Schuljahr 2006/2007 im Rahmen eines Wahlpflichtangebotes für Berufsfachschüler umzusetzen. Die prozessorientierte Spielfilmarbeit wurde als ein fester Bestandteil in das Schulprogramm aufgenommen: Die Projekte der prozessorientierten Spielfilmarbeit werden an der WBS fortgeführt. Ziel der Spielfilmarbeit ist die Reflexion eigener Erfahrungen, die eine Veränderung der persönlichen Einstellung, der eigenen Werte und des Sozialverhaltens mit sich bringt. „Im Rahmen der Lernfeldarbeit (Lernfeld Lebenswelten erkunden und differenziert darstellen) in der zweijährigen BF (Sozialpädagogik) findet prozessorientierte Filmarbeit unter Einbindung der fortgebildeten Kolleginnen und Kollegen im Klassenteam statt" (aus dem Schulprogramm der WBS, Stand Juni 2006).