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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Zwischenbilanz

Materialien

Das Schulparlament (Rheinland-Pfalz)

Zwischenbilanz

Welche Erfahrungen liegen bisher vor? Welche Folgen haben sich ergeben?

Nachdem das Parlament fünfmal getagt hat, kann man eine erste Zwischenbilanz ziehen.
Im Laufe der Monate Mai/Juni 2006 wurden Interviews (Interviewdesign: s. Evaluationsdesign 1, Evaluationsdesign 2) durchgeführt.
Befragt wurden:

Die Interviewpartner halten Rahmenbedingungen ihrer Schule fest, die eine Parlamentsgründung begünstigen:

Die Schule (Integrierte Gesamtschule Ernst Bloch Ludwigshafen-Oggersheim)
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In den Interviews werden positive Aspekte benannt:

Das Schulparlament

Es konnten auch einige Stolpersteine ermittelt werden:

In den Gesprächen wurden Ansatzpunkte benannt und Perspektiven für eine Weiterentwicklung aufgezeigt:

Zusammenfassung

Mit Blick auf die Schüler wird gesagt, dass deren Stärkung für die Wahrnehmung ihrer Rolle als Parlamentsmitglieder geboten sei. Dazu zählen vorrangig die Erweiterung der kommunikativen Kompetenz als auch der Erwerb und die Festigung von Wissen über parlamentarischen Prozesses.
Die Verbreitung der parlamentarischen Idee und die Sensibilisierung für Chancen und Wahrnehmung der Partizipation innerhalb der Schülerschaft soll auch deren Motivation zur Mitarbeit fördern und die damit die dringend notwendige Kontinuität sichern helfen, um Desinteresse und mangelnder Verantwortungsbereitschaft frühzeitig begegnen zu können. Dies wird auch als wichtige Aufgabe der Lehrer angesehen.
Aufgrund dieser Reflexion ist ein Schwerpunktseminar „Parlamentsarbeit“ mit externer Begleitung im Monat November 2006 geplant, mit dem Ziel der „Vermittlung und Erarbeitung von Kenntnissen, die die Schülerinnen und Schüler im Schulparlament befähigen, erfolgreiche Beteiligung und Interessenvertretung für ihre Gruppe zu betreiben“, (Entwurf Seminarplan Schulparlament).
Diese Seminare sollen im jährlichen Turnus angeboten werden.

Interessant ist die Darstellung, dass die Schülervertretung (SV) die Einrichtung eines Parlaments nicht als Konkurrenz ansieht, sondern eher als Stärkung ihrer Arbeit erlebt hat. Die Rolle der SV sei jedenfalls nach der Errichtung des Parlaments wieder gestärkt worden, ihre Aktivitäten hätten sich deutlich erhöht. Als Gründe werden personelle Konkordanzen gesehen (aber auch die Belastung durch Doppelfunktionen!) und die Wiederbelebung des Partizipationsgedankens durch die Teilnahme an dem BLK-Programm.
 
Die Schülervertretung wünscht sich eine rechtliche Verankerung des Parlaments im Schulgesetz, aber mit „einer tatsächlichen Entscheidungsgewalt“.  Die Einrichtung des Schulparlaments „sei der erste Schritt“ dahin, den Schülern „tatsächlich eine Stimme zu geben“. „ …dieses Engagement hat mein Leben verändert“ (Maria Vardabetian, Schülersprecherin).
Zu diesem Aspekt äußern sich die anderen Interviewpartner weniger eindeutig: Zwar könne man sich eine rechtliche Verankerung vorstellen, sieht diese aber an dieser Schule nicht als zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiche Installation des Partizipationsgedankens qua Schulparlament.
„Ich denke, dass das Schulparlament eine beratende Rolle haben kann…, denn eine Leitung wird nicht das Votum eines solchen Organs übergehen können…Das Schulparlament ist sicher nicht das Allheilmittel für notwendige Veränderungen in der Schule, aber es ist ein wichtiger Ansatz der Veränderung… Ich habe keine Bedenken, dass wir das an unserer Schule schaffen“ [auch ohne rechtliche Verankerung im Schulgesetz] (Jörg Safferling, Verbindungslehrer).

Von allen Befragten wird herausgehoben, dass die Vernetzung der Schulgruppen durch das Parlament viel besser funktioniere, dass hier ein Forum für Themen und Probleme in der Schulgemeinschaft geschaffen worden sei. Die Kommunikationswege seien kürzer geworden, auf aktuelle Probleme könne unmittelbar reagiert werden, und man habe die Möglichkeit, die unterschiedlichen Positionen zu hören und direkt Stellung zu beziehen.
Als Chance wird genannt, dass die einzelnen im Parlament vertretenen Gruppen  sich viel genauer wahrnehmen: „ … Man versteht die einzelnen Parteien besser… jede Gruppe kann sehen, mit welchen Ängsten z. B. die jeweils anderen leben, und darüber kann man ins Gespräch kommen…“ (Christoph Fath, Mitglied des ÖPR).

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Die Reflexion der eigenen Rolle im Kontext schulischer Prozesse ist ein weiterer Aspekt, der ein in seiner Wirksamkeit noch nicht ausgelotetes Potenzial für die Entwicklung von Schule darstellt.

Bemerkenswert war die in einem Statement zum Ausdruck gebrachte Erwartung, dass es in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr die Bindung an die drei existenten formellen schulischen Gruppen geben werde, sondern dass sich thematische Koalitionen bilden würden.

Immer wieder wird hervorgehoben, dass der Zeitraum für eine Betrachtung des Projekts „Schulparlament“ noch sehr kurz sei, dass weitere Erfahrungen gemacht werden müssten, um dann eine valide Evaluation durchzuführen. „Es ist alles noch ziemlich in den Kinderschuhen“ (Elke Reich, Mitglied der Schulleitung).

Man sieht auf Seiten der Lehrer die Chancen einer stärkeren Einbindung von Schülern und Eltern in die Mitgestaltung von Schule, auch die Schärfung des Blicks auf die Voraussetzungen einer guten Schule.

Schüler und Eltern, so der allgemeine Eindruck, wollen die Chance einer erweiterten  Partizipation nutzen.

Mit dem Parlament findet „eine stärkere Institutionalisierung der Verantwortung“ (Werner Steiner, Schulleiter) statt. Verantwortung wird also über ein formelles Verfahren, das aber von der Schulgemeinschaft frei gewählt wurde, auf einen stark erweiterten Kreis von Beteiligten übertragen und von diesem angenommen.
Die Schulleitung sieht die qualitativen Veränderungen, die durch das Parlament in das Schulleben hineingekommen sind, insgesamt positiv und für ein partizipatorisches Führungskonzept hilfreich: „Ich fühle mich gestärkt…Das Finden des Interessenausgleichs ist für mich einfacher geworden“ (Werner Steiner, Schulleiter).

Insgesamt wird das Projekt „Schulparlament“ von allen Befragten unterstützt und trotz des kurzen Erfahrungsbereichs in seiner positiven Wirksamkeit, gesehen.
„Das Schulparlament bringt mehr Demokratie in die Schule…“ (Werner Steiner, Schulleiter). 

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