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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Landschulheim Steinmühle, Wie lernt man konstruktives Streiten? – Einstiegsprogramm in Klasse 5, Juni 2004

Schulen

Landschulheim Steinmühle, Wie lernt man konstruktives Streiten? – Einstiegsprogramm in Klasse 5, Juni 2004

Wie lernt man konstruktives Streiten? – Einstiegsprogramm in Klasse 5

Anstatt Formeln zu lernen und Vokabeln zu pauken, steht bei den Schüler/-innen der Klasse 5 heute was ganz Besonderes auf dem Programm: Ein Projekttag in das Einführungsprogramm Mediation.
Gespannt treffen sich die Schüler/-innen bereits früh am Morgen in einem Blockhaus am Rande des Schulgeländes. Ein gemeinsames Frühstück leitet diesen besonderen Tag ein. Ob Obst, Brötchen oder Marmelade, die Schüler/-innen haben an alles gedacht. Gestärkt beginnen sie mit „Eine Maus geht unten durch“, einer Energizer-Übung für Kraft und Motivation. Alle stehen im Kreis. Der Anleiter legt eine Hand auf die Schulter seines Nachbarn und ruft ein „Ja“ in eine Kreisrichtung. Ein „Nein“ verläuft in die entgegengesetzte Richtung. Zugleich wird mit einem kräftigem Armschwung von hinten „die Maus“ durch die Lücke zwischen zwei Schülern im Kreis geschickt. Da muss man schon gut aufpassen, dass man nicht durcheinander kommt, wenn das „Ja“ und das „Nein“ gleichzeitig erfolgen.

Dass Streiten nichts Schlimmes ist, wenn man lernt sich konstruktiv zu streiten, erfahren die Schüler/-innen in der anschließenden Gesprächsrunde. Heute geht es um die Klassengemeinschaft. Was soll wohl passieren?

  1. Der Anleiter fragt die Schüler/-innen:
  2. Was gehört zu einer guten Klassengemeinschaft?
  3. Was gefährdet eine Klassengemeinschaft?
  4. Was bedeutet für euch Streit?
  5. Hat jemand schon mal positive Erfahrungen mit einem Konflikt gemacht?
    Könnt ihr Beispiele erzählen?

Eine Diskussion entsteht, die gleichwohl einer Regel folgt: Wer den Ball hat redet.
Die Schüler/-innen begreifen, dass ohne Konflikte keine Veränderungen möglich sind. Sie erkennen, dass man sich gewinnbringend streiten kann und dass dies erlernbar ist.

Weitere Übungen und Auswertungen im Laufe des Projekttages zeigen wie konstruktives Streiten aussieht und was man dafür braucht. "Die Größenkette war nicht einfach. Wir sollten vom Größten bis zum Kleinsten eine Reihe bilden, durften aber nicht sprechen!“ „Besonders schwierig fand ich die Übung, in der wir mit geschlossenen Augen bis 20 zählen sollten. Immer haben einige reingerufen und konnten nicht warten! Wir mussten viermal von neuem beginnen“, sagen einige Schüler am Ende des Tages.

„Wir werden Klasse“ – Mediation an der Steinmühle

Kennenlernen – Regelerarbeitung – Selbst- und Fremdwahrnehmung – Kooperation – Problembearbeitung – Kommunikation: das Training dieser Bereiche stehen in den Klassen 5, 6, und 7 an der Steinmühle ganz weit oben im Plan."

Das Eingangs- und Sensibilisierungsprogramm „Wir werden Klasse“ verstehen sich als Prävention, die Bereitschaft zu konstruktiven Konfliktlösungen erzeugen und Konflikteskalationen verhindern helfen sollen.
Die Programme arbeiten auf handlungsorientierter Grundlage mit vertiefenden Reflexionen der jeweiligen Übung. Sie dienen der Entwicklung einer Klassengemeinschaft und tragen langfristig zu einem besseren Klima an der Schule bei. Das beweist nicht nur die zunehmende Konfliktlösungsbereitschaft der Schüler/-innen untereinander. So klärten Schüler/-innen, die in der Mittagsfreizeit einen Konflikt hatten, diesen eigenständig während der ersten zehn Minuten der 7. Stunde, um sich danach gelöst und zufrieden dem Unterricht zuzuwenden.

Die regelmäßig eingeübten Übungen und Verfahren orientieren sich an den Phasen der Mediation und trainieren wichtige Kompetenzen für die Teilnahme an einem Schlichtungsgespräch. Dieses Training versteht sich jedoch nicht als „buntes Puzzle von Projekttagen“, sondern begleitet die Schüler/-innen in ihrem Alltag:
Dazu gehören die allparteiliche Haltung des Klassenlehrers/-der Klassenlehrerin, die Durchführung des Klassenrats nach den Prinzipien der Mediation, die regelmäßigen Projekttage zur Einführung von Übungen und Verfahren sowie das wöchentliche Üben und Reflektieren der auf den Projekttagen eingeführten Übungen.

Viele Kollegen/-innen haben inzwischen ein Basistraining zur Mediation absolviert. Zwei Kollegen stehen am Ende ihrer Ausbildung zu Schulmediatoren und dienen als Multiplikatoren.
Neben dem lösungsorientierten Ansatz des Mediationsgedankens (Mediationsgespräch) setzen die Lehrer/-innen an der Steinmühle auch auf den prozessorientierten Ansatz zur Stärkung der Persönlichkeit, im Sinne transformativer Mediation. Diese Präventionsprogramme orientieren sich am:

  1. Eingangsprogramm für die Jahrgangsstufen 5 und 6 - (nach Christa Kaletsch)
  2. Sensibilisierungsprogramm für die Jahrgangsstufe 7- (nach Marion Altenburg)

Weitere wissenswerte Schulinformationen

Das Landschulheim Steinmühle ist ein Gymnasium in freier Trägerschaft mit angeschlossenem Internat und Mitglied der Vereinigung der Landerziehungsheime. Besucht wird das Gymnasium von ca. 530 Schüler/-innen. Sie werden von 57 Lehrer/-innen unterrichtet.

In den Klassen 5-7 findet der Unterricht im Rahmen einer Ganztagsschule (Unterricht an 3 Nachmittagen) statt. Ab dem nächsten Schuljahr wird es in der Oberstufe eine Profiloberstufe geben.

Mediation ist an der Steinmühle neben anderen Elementen zur Förderung der Selbsttätigkeit und Selbstwirksamkeit von Schüler/-innen im Schulprogramm verankert. Seit Sommer 2000 ist die Steinmühle bereits Projektschule des HeLP-Projekts „Mediation in der Schule“ und nimmt seit Herbst 2002 am BLK-Program „Demokratie lernen und leben (DLL) teil.

Neben Mediation hat die Schule noch weitere Schwerpunke aus dem Bereich DLL wie bspw.

  1. Stärkung der Schülerselbstverwaltung
  2. Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung im Unterricht
  3. Lern- und Leistungsraum als Ort der Lernkontrolle
  4. Portfolio und Transparenz: Dokumentation und aktive Auseinandersetzung mit den eigenen Lernprozessen
  5. Autonomie: Förderung der Eigenständigkeit der Schüler im Sinne des entdeckenden Lernens

Text: B. Kustosch/A. Sersch.

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