Bericht: Zweiter Workshop im Rahmen der Schulleiterplattform
Schulleiterinnen und Schulleiter aus elf Bundesländern sowie Referent/-innen für Fortbildung und Beratung von Schulleiter/-innen aus acht Bundesländern trafen sich zum zweiten Mal zu einem dreitägigen Workshop in Bad Hersfeld. Ein schuleigenes Qualitätskonzept mit dem Fokus „demokratische Schule“ stand bei diesem zweiten Treffen im Mittelpunkt.
Wie verträgt sich das viel geforderte „Qualitätsmanagement“ von Schulen mit demokratischer Schulkultur und einem entsprechend demokratischen Führungsverständnis?
Robert Reichstein, Spezialist für Qualitätsmanagementsysteme und ihre Einführung auch in der Schule, stellte als ein mögliches QM-System das der European Foundation (EFQM) vor.
Ziel war dabei nicht, EFQM an den beteiligten Schulen unmittelbar einzuführen. Es sollten vielmehr am Beispiel eines Verfahrens zunächst Schritte auf dem Weg zu einem schuleigenen Qualitätskonzept nachvollzogen sowie ihre Vorzüge und auch Stolpersteine aufgezeigt werden.
Erfahrungen im BLK-Programm und auch in Studien, wie der Studie „mitWirkung“ der Bertelsmann Stiftung, zeigen, dass Schüler/-innen und Lehrer/-innen einerseits sowie Schulleitung andererseits das Maß und die Nutzung von Beteiligungsmöglichkeiten sehr unterschiedlich einschätzen. Hier wird die Bedeutung solcher Teilkriterien und der Arbeit mit ihnen in einem Qualitätskonzept deutlich: Nötig sind Kommunikations-, Austausch- und Aushandelungsprozesse zwischen Lehrer/-innen, Schüler/-innen, Schulleitung und auch Eltern. Was genau verstehen wir unter „Beteiligung“? Welchen Zielen soll „mehr Beteiligung“ dienen? Was sollen nächste Schritte an der Schule zu „mehr Beteiligung“ sein? Und woran soll gemessen werden, ob „Beteiligung“ in diesem ausgehandelten Sinne stattfindet?
Im Workshop wurde solch ein erster Schritt eines mehrschrittigen Verfahrens an einer Schule simuliert. Für die Teilnehmer/-innen stellte es sich als ein Instrument heraus, das sie sich für die eigene Schule als nützlich und wichtig vorstellen könnten. Es folgte die Planung möglicher konkreter Umsetzungsschritte für die eigene Schule, und am Ende des Workshops führte diese Erfahrung bei einigen Teilnehmern zu dem Vorsatz, bis zum nächsten Mal eine Konferenz mit dem geplanten Verfahren durchzuführen und dafür eine Moderation von Außen zu gewinnen (Idee: im Austausch mit einem befreundeten Schulleiter der Nachbarschule).
Welche Bedeutung hat dieses Verständnis von Qualitätsmanagement für Sie als Schulleiter/-innen und/oder Referent/-innen?
Die Teilnehmer/-innen benannten u.a. folgende Aspekte:
- die Chance, mehr Sicherheit und Zufriedenheit im Kollegium zu erreichen, mehr Sicherheit auch im Hinblick auf externe Bewertung durch Inspektor/-innen
- die Selbstvergewisserung eigener gemeinsamer Ziele
- Gute Leistung an einer Schule sollte konsequent dokumentiert und evaluiert werden.
- Qualität anzielen heißt: das herausholen, was in den Menschen drinsteckt – und das ist ureigenste Führungsaufgabe.
- Es ist unsere Aufgabe (als Schulleiter) für eine Balance zu sorgen zwischen äußeren und eigenen Qualitätsansprüchen.
- Auf allen Ebenen - in der einzelnen Arbeitsgruppensitzung, in der Konferenz - in Zielen denken. Dies ist immer noch ungewohnt. Schulleitung kann und muss hier vorangehen. Die Ziele sollten immer mit der Frage verknüpft werden: Woran werden wir merken, dass wir unserem Ziel näher gekommen sind?
- Die genannten Aspekte in eigene Fortbildungs- und Beratungskonzepte einbringen.
Schon im ersten Workshop hatte sich gezeigt, dass die Programmschulen der teilnehmenden Schulleiter/-innen schon viel vorzuweisen haben: eine starke SV, Stufen- und Schülerparlamente, die durchgängige Umsetzung des Klassenrats, Konfliktbearbeitungskompetenzen bei Schüler/-innen und Lehrer/-innen, Schüler-Feedback u.v.m. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt diese Qualitäten auf Dauer in den Blick zu nehmen und abgeleitet von einem gemeinsam erstellten, an Werten orientierten Leitbild immer neu, gemeinsam und regelmäßig zu überprüfen - auch unabhängig von der in 2007 endenden Unterstützung durch das BLK-Programm.
Wie gelingt es mir, mich selbst und Kolleg/-innen immer wieder neu zu motivieren und für eine demokratische Schule ins Boot zu holen?
Diese Frage zog sich wie ein roter Faden durch den Workshop. Die Trainerin stellte die Aufgabe, den in der Mitte auf einem Stuhl platzierten Kollegen von seinem Platz zu „bewegen“. Den Probanden wurde schnell klar: Ziehen, zerren, schubsen hilft nicht. Da musste geredet und überzeugt werden. Nicht sofort, doch allmählich erhob sich der Kollege bereitwillig und folgte der Kollegin – hinein in die nächste Workshop-Phase.
Im ersten Workshop im Dezember 2005 hatte die Gruppe die Herausforderungen identifiziert, die sich unter zwei Überschriften zusammenfassen lassen:
1. Wie schaffe ich es, die erforderlichen kontinuierlichen Entwicklungsprozesse zu steuern?
2. Welche Fähigkeiten von „demokratischer Leitung“ muss ich weiterentwickeln und neu dazu lernen?
Die Gruppe war sich schnell einig, dass das Ziel aller Schulentwicklungsprozesse und allen Schulleiterhandelns die Entwicklung von Schülerkompetenzen sei. Dies gehe weit über ein Selbstverständnis hinaus, dass man als Schulleiter/-in vor allem (knappe) materielle und personelle Ressourcen verwalte und den Schulalltag gut organisiere (neben dem eigenen Unterrichten wahrlich auch schon ein Fulltime-Job!).
Die Arbeitsgruppe AG Qualität - Kompetenzen und Standards in Schulen der Demokratie (AG Q) der Koordinierungsstelle in Berlin kann in der nächsten Zeit zusätzliche Hinweise geben, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler unter dem Konstrukt „demokratische Handlungskompetenz“ im einzelnen entwickeln können, woran man sie erkennt und wie sie innerhalb der Schule zu überprüfen sind.
Im Laufe dieses zweiten Workshops sind die Teilnehmer/-innen zu einer Gruppe geworden, in der es – so das erklärte Ziel der dreiteiligen Workshop-Reihe – möglich geworden ist, die eigene Tätigkeit und Rolle fortlaufend zu reflektieren, neue Instrumente mit in den Schulalltag zu nehmen und von den Erfahrungen, gelungenen und schwierigen, zu berichten. Dies war ein wesentlicher Gewinn für die Teilnehmer/-innen.
Trainerin in den Workshops ist Barbara Langendorf (Organisationsentwicklerin, Coach und Trainerin, Königstein). Ihr ist es in den ersten beiden Workshops auch durch das Vorleben des Modells „Leadership“ gelungen, in Kürze eine Kultur des Vertrauens zu schaffen. Dies war eine Voraussetzung dafür, dass die Teilnehmer/-innen dazu bereit waren, sich einen „Spiegel vorhalten“ zu lassen und ihr eigenes Verhalten zu reflektieren. Auf diese Weise sind sie, alle Expert/-innen für demokratische Schulkultur, zu einer Entwicklergruppe geworden, die sich im Rahmen dieses zweiten Workshops auf verschiedenen Ebenen, regional und länderübergreifend, vernetzt und Lerngruppen mit Verabredungen innerhalb des Zeitraums bis zum dritten Workshop im September gebildet hat.
Darüber hinaus bestehen in den beteiligten Bundesländern Verabredungen, auf welche Weise die Erfahrungen aus der Schulleiterplattform in länderspezifische Konzepte der Unterstützung von Schulleitung einfließen sollen – eine Unterstützung, die, so zeigen die Rückmeldungen der Teilnehmer/-innen, von zentraler Bedeutung für die Entwicklung von Schule sind.
Wie kam es zum Konzept und den Zielsetzungen der Schulleiterplattform?
- Schulleiterinnen und Schulleiter der Programmschulen waren von Anfang an als Schlüsselpersonen für die Unterstützung nachhaltiger Entwicklungsprozesse an den Schulen im Blick. Die Koordinierungsstelle hat deshalb zusammen mit Schulleiter/-innen im Programm ein Konzept für diese „Schulleiterplattform“ entwickelt. Ausgehend von dem Wunsch nach Kompetenzentwicklung wurden hierfür Fortbildungsbausteine entwickelt, die neue Impulse für „Leiten in einer Schule der Demokratie“ geben können. Die Plattform bietet die Möglichkeit, diese Impulse im Alltag umzusetzen, zu reflektieren und zu vertiefen. Gleichzeitig wird die Gelegenheit für einen umfangreichen Erfahrungsaustausch geschaffen, um die angestoßenen Lernprozesse zu unterstützen.
Die „Schulleiterplattform“ wurde für die zweite Halbzeit des Programms geplant. In dieser Phase gewinnen Strategien für erfolgreichen Transfer von Programmerfahrungen in die Regelpraxis an Bedeutung. So richtet sich die „Schulleiterplattform“ auch an eine zweite Zielgruppe:
- Referentinnen und Referenten im Bereich Schulleiterfortbildung und -beratung, die daran interessiert sind, die im Laufe der drei Workshops entwickelten Instrumente für das Leiten und Führen in Schulen der Demokratie in ihre eigenen Fortbildungs- und Beratungskonzepte zu integrieren und so eine wichtige Rolle für den Transfer von Know-How für Schulleitungshandeln über den Kreis der Programmschulen hinaus bekommen.
Mit der Schulleiterplattform verbunden ist also das Konzept einer Entwicklergruppe, deren Teilnehmer/-innen in eigene Lernprojekte in ihrem jeweiligen Arbeitsfeld „Schulleitung“ einsteigen. Instrumente im Bereich „Leiten in einer Schule der Demokratie“ werden erprobt, reflektiert, evaluiert und implementiert unter der Leitung einer erfahrenen und ausgewiesenen Trainerin und je nach Themenschwerpunkt wechselnden Inputgebern. Beide Zielgruppen sollen Gelegenheit haben, sowohl innerhalb ihrer Gruppen voneinander zu lernen als auch sich im gegenseitigen Austausch zu fördern.
Die beiden Gruppen arbeiten in drei je dreitägigen Workshops (drei Module) je nach Zielsetzung einerseits übergreifend, v.a. auch in Kleingruppen, zusammen und werden andererseits auch phasenweise nach ihren Interessengruppen getrennt. Schulleiter/-in und Referent/-in eines Bundeslandes bilden darüber hinaus eine Lernpartnerschaft mit dem Ziel, eine gemeinsame Fortbildungsveranstaltung im Bundesland zu planen und umzusetzen. Das Von-Einander–Lernen über die beiden Gruppen hinweg ist Voraussetzung für das Gelingen im Hinblick auf die hochgesteckten Ziele dieses Konzeptes und ist der besondere Gewinn für die Teilnehmer/-innen – so ihr Feedback im Verlauf der beiden bisherigen Workshops.
Das vorgestellte Konzept bietet die außergewöhnliche Chance, die Entwicklung von Leitungsrepertoire zur Förderung demokratischer Schulkultur gleichzeitig mit der Dissemination von Ergebnissen zu ermöglichen.
Christiane Giese
Geschäftsführung Koordinierungsstelle im BLK-Programm „Demokratie lernen & leben“
31.3.2006