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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Tagung der Heinrich-Böll-Stiftung zum Thema Demokratiepädagogik

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Tagung der Heinrich-Böll-Stiftung zum Thema Demokratiepädagogik

Demokratie vermittelt Sinn und macht Spaß - Im Rahmen des "European Year of Citizenship through Education 2005" lud die Heinrich-Böll-Stiftung am 11. November 2005 zum 10. Gespräch über Bildung DEMOKRATIE LERNEN DURCH HANDELN ein.

Der Veranstaltungsort, das Berliner Abgeordnetenhaus, verlieh der Tagung schon zu Beginn eine "demokratische Aura". "In diesem Gebäude wurde entschieden, dass wir heute eine parlamentarische Demokratie nach westlichem Muster haben", so der Hausherr und Parlamentspräsident Walter Momper. Entsprechend wurde während der Tagung auch die Frage nach der Entstehung eines echten demokratischen Habitus in den Mittelpunkt gestellt. Wie können Kinder und Jugendliche motiviert werden sich für die Zivilgesellschaft einzusetzen?

"Die Verhältnisse in den Schulen sollten es allen Beteiligten ermöglichen, Kompetenzen für ein Leben in der Demokratie auszubilden", so Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Edelstein, einer der Begründer des BLK-Programms "Demokratie lernen & leben" in seinem Impulsreferat. Prof. Dr. Gerhard de Haan, ebenfalls Mitbegründer des Programms, wies darauf hin, dass "die entgegenkommenden Verhältnisse an deutschen Schulen als außerordentlich schwierig" einzuschätzen seien. Insbesondere das noch immer gängige Modell der Halbtagsschule sei ein struktureller Rahmen, der sich mit dem Prinzip "Demokratie als Lebensform" nicht vereinbaren lasse.

Schule zum Lern- und Lebensraum machen: Dies ist heute ein zentraler Ansatz der Demokratiepädagogik. Dabei geht es vor allem um das Geltendmachen und Einüben von Werten, nicht um das Postulieren derselben. Auf dem Podium im Festsaal standen daher nicht nur Theoretiker, sondern vor allem auch die eigentlichen Partizipatoren des BLK-Programms "Demokratie lernen & leben": Schüler, Eltern und Lehrer von drei Berliner Schulen berichteten von ihren persönlichen Erfahrungen.

Der Beitrag der Fichtelgebirge-Grundschule beeindruckte in erster Linie durch die hohe Kompetenz in Bezug auf Integration von ausländischen, vor allem türkischen Kindern. Der Ausländeranteil beträgt dort ca. 88 Prozent und viele Kinder kommen aus Familien, in denen kein Deutsch gesprochen wird.

Die Erfolge der Schule basieren vor allem auf sogenannten Aushandlungsgruppen, in denen alle vier bis sechs Wochen das Gespräch zwischen Schülern, Lehrern, Eltern und Erziehern eröffnet wird. Entwickelt wurde das Prinzip der Aushandlungsgruppe von Dorothea Schütze und Markus Hildebrand. Es basiert auf zwei grundlegenden Schritten. Zunächst wird in einer Stärken-und-Wünsche-Analyse herausgefunden, welche Probleme an einer Schule besonders dringlich sind. Im zweiten Schritt geht es dann darum, eine Anerkennungskultur zu entwickeln und das Ergebnis der Diskussion umzusetzen.

An der Fichtelgebirge-Grundschule wurde durch diese Form der Diskussionsrunde eine  Zusammenarbeit zwischen der Schule und den Eltern überhaupt erst möglich. "Wir haben Bilder gemalt und mit Theaterstücken Lösungen gesucht", erzählten die Drittklässer stolz auf dem Podium und zeigten dabei selbst gebastelte Plakate. Am Ende ihrer Präsentation verrieten die zehn Kinder verschiedenster Nationalitäten den Tagungsteilnehmern noch, was genau sie an Demokratie "schön" fanden. Das Recht seine eigene Meinung zu sagen stellte für einige ein besonderes und positives Erlebnis dar.

Auch für die fünfzehnjährigen Schüler der Werner-Stephan-Schule war die Aushandlungsgruppe eine besondere Erfahrung. Dies verbalisierten sie erst etwas verhalten, dann aber immer selbstbewusster vor dem Publikum. "Am Anfang habe ich nicht gewusst was das soll und heute weiß ich, egal über was wir diskutieren, schließlich sind immer alle zufrieden", so einer der Schüler auf dem Podium. Gemeinsam mit Lehrern und Eltern organisierten sie Aktionstage gegen Rassismus und Diskriminierung.
Darüber hinaus haben sie einen "Antirauchertag" auf die Beine gestellt.

Das Otto-Nagel-Gymnasium war die dritte der Schulen, die sich auf dem Podium vorstellte. Auch hier machte man ähnlich positive Erfahrungen mit dem Prinzip der Aushandlungsgruppe. Insbesondere die Zusammenarbeit mit Dorothea Schütze und Markus Hildebrand, wurde sehr gelobt. Die beiden Entwickler des Konzepts fungierten als externe Schulberater und Moderatoren des Gymnasiums. 

Aus dieser fruchtbaren Zusammenarbeit entstand dann auch ein sehr beeindruckendes Evaluationssystem, zur Beurteilung der Leistung der unterrichtenden Lehrer. Eine für das Projekt gegründete Schülerfirma entwickelte zur vereinfachten Handhabung der Evaluation ein computergestütztes CS-System (One-Click-Summary), das die Schüler professionell mit einer Power-Point-Präsentation vorstellten. Die Daten der Evaluation werden fairerweise anonym behandelt, um den Ruf des Lehrers an der Schule nicht zu gefährden.

Nachmittags widmete sich die Veranstaltung unter anderem dem Thema "Förderung von sozialem Engagement von Kindern und Jugendlichen im außerschulischen Bereich". An der Diskussion beteiligten sich unter anderem Thomas Krüger (Bundeszentrale für politische Bildung), Sigrid Meinhold-Henschel (Bertelsmann-Stiftung) und Anne Sliwka (Freudenberg-Stiftung).

Auf der Veranstaltung wurden die Kernprobleme der Demokratiepädagogik und vorhandene Lösungsansätze diskutiert. Nicht alle Fragen, die im Plenum aufgeworfen wurden, konnten immer für alle zufriedenstellend beantwortet werden. Aber eine Erkenntnis konnten die Tagungsteilnehmer mit Sicherheit mit nach Hause nehmen:  Kinder und Jugendliche, die einmal für die Demokratie gewonnen werden konnten, entdecken an ihr Freude und damit auch einen Sinn.

Patricia Schulte, Publizistin und freie Mitarbeiterin
der Koordinierungsstelle des BLK-Programms "Demokratie lernen und leben"

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