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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Gemeinschaftsgrundschule Balthasarstraße - Demokratie bedeutet Ausreden-Lassen und Zuhören-Können, Februar 2005

Schulen

Gemeinschaftsgrundschule Balthasarstraße - Demokratie bedeutet Ausreden-Lassen und Zuhören-Können, Februar 2005

Demokratie bedeutet Ausreden-Lassen und Zuhören-Können

Die Gemeinschaftsgrundschule Balthasarstraße ist eine Grundschule, die nach der Peter-Petersen-Philosophie arbeitet. Das bedeutet, dass die Erziehung zur Gemeinschaftsfähigkeit und zu einem demokratischen Miteinander zu unseren wichtigsten Erziehungszielen gehört. Wir möchten in der Zusammenarbeit mit den Schülerinnen und Schülern, dass sie Verantwortung für das eigene Handeln und Tun entwickeln. Sie sollen durch die aktive Mitgestaltung und Partizipation Eigenverantwortung für die Schule, für den Unterricht und ihr Lernen übernehmen, denn Demokratie muss erfahren werden, um gelebt werden zu können.

Demokratische Strukturen und Partizipation in der Schule

Der erste Teil beschreibt im Folgenden den Unterricht als Lernort für Mitbestimmung, Mitgestaltung und Verantwortungsübernahme.
Der zweite Teil beschreibt Schule und Schulleben als wichtigen Erfahrungsort, um demokratische Prozesse und Mitbestimmungsmöglichkeiten kennen zu lernen und darin handeln zu können.

Im dritten Teil geht es um Möglichkeiten der Einbindung von Eltern in den Unterricht und in das Schulleben.
Der vierte Teil befasst sich mit den Möglichkeiten der Mitbestimmung und Übernahme von Verantwortung seitens der Kinder und der Eltern im Übermittagsbetreuungsbereich.

Unterricht

In unserem jahrgangsübergreifenden Unterricht (die Jahrgänge 1/2 und 3/4 sind jeweils zusammen in einer Lerngruppe) erleben die Schülerinnen und Schüler täglich das miteinander und voneinander Lernen. Indem sie in einem Partnersystem arbeiten, übernehmen Schülerinnen und Schüler einerseits Verantwortung für sich selbst, da sie Hilfen und Erklärungen beim Partner einholen können, andererseits übernehmen sie Verantwortung für den Partner, da sie ihm Hilfe anbieten und geben. Sie erwerben Teamfähigkeit in der Arbeit mit anderen und übernehmen Verantwortung für Gemeinschaftsaufgaben.

In Formen offenen Unterrichts, der durch Mitbestimmung bei den Lerninhalten, durch selbst gestellte Aufgaben im Wochenplan und bei den Hausaufgaben oder durch die Verpflichtung zur Selbstkontrolle gekennzeichnet ist, lernen die Kinder zunehmend eigenständig zu arbeiten und für ihr Lernen verantwortlich zu sein.

Um den Kindern über die üblichen Unterrichtsgespräche hinaus die Möglichkeit der Rückmeldung zum Unterricht und zur Zusammenarbeit mit ihren Lehrerinnen und Lehrern zu geben, wurde im Kollegium ein Fragebogen für die Schülerinnen und Schüler entwickelt. Er wurde von den Kindern anonym beantwortet, von den Lehrerinnen und Lehrern ausgewertet und über die Ergebnisse dieser Auswertung wurde in den Klassen gemeinsam gesprochen. Ließen die Rückmeldungen Defizite oder Veränderungswünsche erkennen, wurde nach Verbesserungsmöglichkeiten gesucht und Vereinbarungen zu deren Umsetzung getroffen.

In Bezug auf die Unterrichtsentwicklung sind diese Rückmeldungen wichtig. Denn die Weiterentwicklung des Unterrichts ohne die Beteiligung der eigentlichen Abnehmer, der Schülerinnen und Schüler, kann nicht gelingen.

Schulleben

Die Schülerinnen und Schüler werden darüber hinaus bei Entscheidungen, die ihre Schule und den Unterricht betreffen, einbezogen und haben Teil an der Organisation und Ausgestaltung ihrer Schule.

Um diese Gedanken der Partizipation, der Mitbestimmung und der aktiven Teilnahme weiter zu verstärken und in praktisches Tun umzusetzen, haben wir an unserer Schule die Klassen-Sprecher-Konferenz (KSK) eingerichtet.

Die KSK ist ein gemischtes Gremium aus Schülervertretern (Klassensprecher), einer Elternvertretung (Schulpflegschaftsvorsitzende), der Koordinatorin der Übermittagsbetreuung und der Lehrervertretung (Schulleitung, Lehrer). Besonders positiv ist es, dass in dieser Gruppe alle “Parteien“ zusammen treffen und dadurch Ideen und Argumente aus unterschiedlicher Sicht und von unterschiedlichem Standpunkt aus angesprochen werden. Wichtig ist die Teilnahme der Koordinatorin der Übermittagsbetreuung, da die Kultur der Partizipation und das Einbinden von demokratischen Strukturen für den ganzen Tag gelten. Die Mitglieder der KSK treffen sich in der Regel ein Mal im Monat. Sie sitzen dann zusammen und unterhalten sich über Schwierigkeiten, die aufgefallen sind, überlegen, wie man sie vermeiden kann, planen gemeinsame Projekte oder diskutieren über mögliche Anschaffungen.

Die Freizeitstätte “Adenau“ in der Eifel sollte aus finanziellen Gründen geschlossen werden. Seit vielen Jahren fahren die Schülerinnen und Schüler unserer Schule auf Klassenfahrten zu ihrem größten Vergnügen dorthin. Die Ankündigung der Schließung hat sie empört. In der KSK wurde darum gemeinsam überlegt, wie Schüler, Eltern und Lehrer darauf reagieren können. Ein Brief an die Stadt wurde formuliert, Unterschriften gesammelt und mit den Kindern wurde ein Gesprächstermin bei dem Zuständigen der Stadt organisiert. Auch wenn wir durch diese Maßnahmen die Schließung der Freizeitstätte nicht verhindern konnten, so haben die Schülerinnen und Schüler dennoch gelernt, sich für eine Sache einzusetzen, um deutlich zu machen, dass nicht alles unkommentiert hingenommen werden muss. Sie haben sich für ein Ziel engagiert und ein Zeichen gesetzt.

Die Schülerinnen und Schüler haben in diesem Fall trotz ihres Engagements ihr Ziel nicht erreicht. Es ist dennoch ein wichtiger Lernprozess für sie zu verstehen, dass in einem demokratischen Prozess, an dem unterschiedlichste Interessen berücksichtigt werden müssen, Einzelinteressen zurückstehen. Die Schülerinnen und Schüler können durch solche Erfahrungen lernen, ihre Frustrationstoleranz zu erweitern.

Ein weiteres Projekt für die KSK betrifft eine allgemeine Rückmeldung an die Schule und das Schulleben. Um gezielt einzelne Dinge, Situationen und Zustände in den Blick nehmen zu können, haben wir vier Kinder mit einer Kamera ausgerüstet. Eine Woche lang gingen diese vier Kinder durch die Schule, um “Schwachstellen“ im Bild festhalten zu können.

Unter dem Motto “Wir nehmen es in den Blick und machen - klick! “ fotografierten die Kinder sehr aufmerksam ihre Schule und Situationen aus dem Schulleben.
Diese Bilder wurden anschließend auf zwei Plakate verteilt. Es gab ein Plakat für Fotos, die Positives darstellten und ein Plakat für Fotos, die Negatives darstellten. Anhand des Bildmaterials wurde konkret über Optimierungsmöglichkeiten nachgedacht, Vorschläge zur Realisierung diskutiert und umgesetzt.

Die Bedeutung der Mitarbeit in diesen Gremien ist für die Schülerinnen und Schüler sehr hoch. Sie bietet ihnen die Erfahrung, dass Engagement sich lohnt, dass es Spaß macht, sich einzubringen und an Veränderungen mitzuwirken. Indem sie in ihrer Rolle als Klassensprecher über ihre eigenen Interessen und Ideen auch die ihrer Mitschüler vertreten, zeigen die Kinder große Identifikation mit der Gruppe und übernehmen Verantwortung für Schule und Schulleben. Die Schülerinnen und Schüler fühlen sich ernst genommen. Daraus erwächst eine positive Atmosphäre im Umgang miteinander und in der Schule allgemein.

Elternmitarbeit

Einen weiteren Aspekt der Zusammenarbeit und Teilhabe betrifft das Einbinden von Eltern. Wir versuchen die Kompetenzen der Eltern für die Unterrichtsarbeit und Schulentwicklung zu nutzen. Eltern im Unterricht gehören dabei zum Alltag. Ob als Lesemütter und -väter, als Fachleute zu bestimmten Themen oder als Begleitung bei großen Projekten: die Mitarbeit der Eltern ist eine Bereicherung. Darüber hinaus kommen wir gern mit den Eltern ins Gespräch, um unseren Blickwinkel durch ihre Sichtweisen zu erweitern. Aus diesem Grund bieten wir unter anderem Pädagogische Abende zu unterschiedlichen Themen an, zum Beispiel: Mathematikunterricht heute, Leseförderung, Musikpädagogik, Erziehung.

Die konkrete Rückmeldung von den Eltern zu unserer Arbeit ist uns für die Weiterentwicklung wichtig. Deshalb haben wir im Kollegium auch für die Eltern einen Fragebogen entwickelt. Dieser konnte von allen Eltern anonym ausgefüllt werden.
Die ausgewerteten Daten wurden für die Eltern anschließend veröffentlicht. Ein Wunsch, der aus dieser Evaluation deutlich wurde, war der Wunsch nach einer gezielten Jungenförderung. Dem können wir nun durch die Teilnahme am BLK-Programm "Demokratie lernen und leben" entsprechen. Denn es wird möglich sein aus den Mitteln des BLK- Programms einen Sozialpädagogen zu engagieren, der für einige Stunden eine Jungengruppe leiten wird.

Übermittagsbetreuung

Partizipation von Kindern und Eltern ist uns auch bei der Gestaltung des Nachmittagsbereichs wichtig. Das setzt voraus, die Interessen der Kinder und Eltern zu erkennen und Beteiligungsformen anzubieten.Eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern und Möglichkeiten der Mitgestaltung bilden eine gute Basis für die pädagogische Arbeit mit den Kindern. Um dies zu erreichen finden alle 6 – 8 Wochen Elterntreffen statt. In jedem Schulhalbjahr wird darüber hinaus ein pädagogischer Abend angeboten (Thema richtet sich nach der aktuellen Situation). Bei Bedarf wird selbstverständlich ein zusätzlicher Elternabend veranstaltet. Darüber hinaus findet halbjährlich ein Elternsprechtag statt, um dezidiert über das einzelne Kind mit den Eltern sprechen zu können und Rückmeldung über die Arbeit der Übermittagsbetreuung zu bekommen. Zusätzlich bereichern die Eltern das Nachmittagsangebot mit unterschiedlichen AGs. Dieses reicht von einer Schach- und Brettspielgruppe über Yoga für Kinder bis zum Schulchor.

Die Kinder werden an der Auswahl der Angebote beteiligt und sie übernehmen Verantwortung für die Ausgestaltung und das Material der Spiel- und Bastelangebote.

Die Förderung der Mitwirkung und Beteiligung wurde auch bei der Organisation und Gestaltung des Mittagstisches berücksichtigt. Darum bereitet eine Köchin täglich das Mittagessen vor Ort zu. Die Kinder erstellen gemeinsam mit ihr wöchentlich einen Essensplan, sie gehen zum Teil gemeinsam zum Einkaufen und mit Unterstützung der Kinder wird das Essen zubereitet. Durch die gemeinsame Verantwortung für das Essen, die Übernahme von Aufgaben und das gemeinsame Essen selbst wird das Gemeinschaftsgefühl gefördert.

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