Realschule am Oberen Schloss - Partizipation schafft Integration an der Realschule am Oberen Schloss, in Siegen, Oktober 2004
Als multikulturelle Schule, deren Schülerschaft zu 40 % einen fremdkulturellen Hintergrund besitzt, hat sich die Realschule am Oberen Schloss in Siegen auf einen langen Weg der Integration begeben. Dabei verfolgt sie den Ansatz, alle Schüler/-innen zu aktiv partizipierenden Mitgliedern der Schulgemeinschaft zu machen, ein demokratisches Projekt, das Integration durch Partizipation erreichen will. Mit der Ausbildung von Lehrer/-innen und Schüler/-innen zu Mediatoren/-innen und dem Plan, Klassenräte einzuführen, befindet sie sich auf einem erfolgreichen Weg.
Die Realschule am Oberen Schloss in Siegen ist eine multikulturelle Schule. Ca. 40 % der Schüler/-innen haben einen fremdkulturellen Hintergrund, ca. 23 % kommen aus Aussiedlerfamilien, ca. 17 % haben einen anderen Migrationshintergrund. „In meiner 10. Klasse sind 24 Schüler/-innen. Sie kommen aus elf verschiedenen Nationen, darunter Albaner, Belgier, Vietnamesen“, erzählt Dietmar Völker, Lehrer für Naturwissenschaften an der Schule. Und das sei keine Seltenheit.Mit ihrer Teilnahme am BLK-Modellprogramm „Demokratie
lernen & leben“ will sich die Schule genau mit diesen Bedingungen als demokratische Herausforderung auseinander setzen. Dabei kann sie auf zahlreiche positive Erfahrungen zurückgreifen, die sie in kontinuierlicher Arbeit in den letzten Jahren gemacht hat. Seit sechs Jahren kümmert sich die Schule um die Ausbildung von Mediatoren unter Schüler/-innen und Lehrer/-innen. Inzwischen sind vier der 32 Kollegen/-innen Streitschlichter-Trainer, weitere vier kommen in Kürze hinzu. Unter den Schüler/-innen entfaltet sich bereits eine Breitenwirkung der Ausbildung: in jeder Klasse gibt es zum jetzigen Zeitpunkt fünf bis sechs ausgebildete Streitschlichter. „Wir streben damit einen Kompetenzzuwachs bei Lehrer/-innen und Schüler/-innen an“, erläutert Dietmar Völker das Konzept. So könne eine neue Kommunikationskultur in der Schule entstehen, die eine Sprache für soziale Situationen schaffe. Die neu geschaffenen Kompetenzen wurden erst kürzlich in beeindruckendem Engagement von mehreren Schülerinnen deutlich, die sich in eine Schlägerei von männlichen Jugendlichen im Umfeld der Schule einmischten. Durch die erlernten Methoden fassten sie den Mut einzugreifen und konnten die Schlägerei beenden. Als besonders wichtig erachtet Dietmar Völker das Engagement gerade auch der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in diesem Prozess. Gerade diese Jugendlichen übernähmen aktive Rollen im Schulleben, so sei der Schülersprecher der Schule ein Schüler kurdischer Abstammung. Er genieße unter der Schülerschaft große Anerkennung. Seine Stellvertreterin ist Deutsche.Dringendstes Problem der Schule ist im Moment die Integration des großen Teiles der Jugendlichen aus Aussiedlerfamilien. Man könne eine Abnahme der Integrationsbereitschaft bei diesen Jugendlichen beobachten, die selbst oftmals gar nicht aus der Heimat ausreisen wollten, jedoch ihren Eltern folgen mussten. Der Förderunterricht, den diese Jugendlichen mit einer Stunde pro Tag erhalten, ist reiner Sprachunterricht in Deutsch. „Noch wichtiger als der Sprachunterricht ist jedoch ein Unterricht, der die Integration der Schüler/-innen und Eltern fördert“, meint Dietmar Völker. Das deutsche Schulsystem unterscheide sich grundsätzlich von dem der Herkunftsländer. Viele Eltern und Kinder wollten oder könnten das nicht akzeptieren.
Im Rahmen des BLK-Modellprogramms will die Schule nun mit der konsequenten Einführung des Klassenrates und flankierenden Fortbildungen für Lehrer/-innen und Schüler/-innen, vor allem in den Bereichen „Demokratie-Management“ und demokratischer Diskussionskultur („Debating“), eine für alle verbindliche demokratische Kultur in der Schule schaffen. Im Schuljahr 2004/05 werden alle gewählten Klassensprecher/-innen und die so genannten Klassenpaten für die 5. und 6. Klassen, die aus dem Kreis der Streitschlichter/-innen ausgesucht werden, ausgebildet. Alle Klassenlehrer/-innen erhalten ebenfalls eine Ausbildung zu den genannten Themen und ein Methodentraining, z. B. im Bereich Projektunterricht. Alle Klassen bekommen eine Klassenratsstunde, alle ausgebildeten Klassenlehrer/-innen eine Klassenleiterstunde. Pro Halbjahr werden alle Klassen außerdem ein „Politik-Projekt“ zum Thema „Demokratie und Integration“ in handlungsorientierter Arbeitsweise durchführen, um weitere gemeinsame Lernerfahrungen zu schaffen und Integration zu fördern.
Eine Strategie, die die Arbeit der letzten Jahre konsequent fortsetzt und Integration durch Partizipation in demokratischen Prozessen und mit demokratischen Methoden ermöglicht.
Schulbeschreibung:
Die Realschule am Oberen Schloss in Siegen befindet sich in einem städtischen Umfeld. Die Schüler kommen aus unterschiedlichen Gemeinden und Bezirken. An der Schule gibt es eine aktive Schülermitverwaltung, Projektwochen und ein Streitschlichterprogramm. Ebenso besteht eine enge Zusammenarbeit mit Eltern und mit Schulen im Ausland.