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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Beispiel

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Klassenrat

Beispiel

Beispiel einer Programmschule – Das Klassenrat-System an der Theodor-Haubach-Schule in Hamburg

Die Theodor-Haubach-Schule hat sich vorgenommen, die Demokratiefähigkeit ihrer Schüler/-innen zu entwickeln. Schüler/-innen und Lehrer/-innen arbeiten konsequent an der Institutionalisierung des Klassenrats in allen Jahrgangsstufen. Dabei hat die Schule ein systematisches Konzept erarbeitet, demokratische Kompetenzen durch altersgerechte Zielsetzungen und Methoden aufzubauen.

In einer 5. Klasse der Theodor-Haubach-Schule in Hamburg tagt der Klassenrat: drei Schüler/-innen leiten die Sitzung, sie verlesen die Tagesordnungspunkte, moderieren die Beiträge ihrer Mitschüler/-innen und protokollieren die Sitzung. An diesem Tag überlegt die Klasse gemeinsam, wie sie einer Mitschülerin, die häufig den Unterricht schwänzt, helfen kann. Und sie findet innerhalb der Klassenratsstunde zu einer Lösung: An drei Tagen der Woche wird ein Mitschüler die Schülerin zu Hause abholen und mit ihr gemeinsam in die Schule kommen. Der gefasste Beschluss wird in der folgenden Zeit erfolgreich umgesetzt. Größter Erfolg sei jedoch, so Christian Kölle, der die Klasse sozialpädagogisch betreut, dass die Schülerin größeres Vertrauen fasse und beginne, deutlicher eigene Wünsche, Ängste und Bedürfnisse gegenüber Mitschüler/-innen und Lehrer/-innen zu äußern.

Eine 8. Klasse setzt sich in ihrer Klassenratsstunde mit einem Mitschüler auseinander, der wegen "wilden" Graffiti-Sprayens von der Polizei gestellt worden war. Die Schüler/-innen befragen ihren Klassenkameraden nach seinen Motiven, äußern aber auch Kritik an seinem Verhalten.

Dies sind nur zwei Beispiele, wie die Schüler/-innen der Theodor-Haubach-Schule ihre eigenen Belange im Klassenrat thematisieren und selbstverantwortlich regeln. Lehrer/-innen und betreuende Sozialpädagogen/-innen bleiben dabei im Hintergrund. An der Theodor-Haubach-Schule gibt es die Einrichtung des Klassenrates schon lange, in den Klassenstufen 5/6 ist er eine feste Institution im Klassenleben. Für das Schuljahr 2003/04 verfolgte die Schule nun das Ziel, diese Institution auch für die Klassenstufen 7 bis 10 regelmäßig durchzuführen und für die Klassenstufen 1 bis 4 entsprechende Formen zu entwickeln. Dabei will das Kollegium den Schüler/-innen einen Raum zur Verfügung stellen, innerhalb dessen sie ihre Belange selbst regeln können. Es verfolgt damit jedoch auch einen systematischen Ansatz, altersgerechte soziale und demokratische Kompetenzen bei den Schüler/-innen aufzubauen.

In einer Fragebogenaktion wurden die Klassen 6 bis 10 zu ihren Wünschen und Meinungen zum Klassenrat ausführlich befragt. Als besonders wertvollen Aspekt der Institution Klassenrat sahen die Schüler/-innen die Möglichkeit, Probleme anzusprechen und Konflikte selbst lösen zu können. In den höheren Jahrgangsstu-fen gewann zudem der Wunsch an Bedeutung, durch den Klassenrat auch Einfluss auf Inhalte und Themen des Unterrichts sowie Entscheidungen der Lehrer/-innen nehmen zu können.

Das Kollegium griff diese Bedürfnisse auf und erarbeitete auf einer pädagogischen Konferenz Ist-Zustand, Ziele, Indikatoren und geeignete Schritte für die Entwicklung des Klassenrates in den genannten Jahrgangsstufen.
"Am Ende der sechsten Klasse soll jeder Schüler ein Mal Mitglied des so genannten Leitungsteams gewesen sein, das für vier Wochen den Klassenrat koordiniert und leitet", formuliert Sabine Brinkmann, Lehrerin an der Theodor-Haubach-Schule, die Ziele für die Beobachtungsstufe. So erlerne jede/-r Schüler/-in, die Tagesordnung zu planen, über die Einhaltung der Gesprächsregeln und Wortmeldungen zu wachen und zu protokollieren.

Für die Klassenstufe 7 ist das Ziel, die Redebeteiligung der Schüler/-innen zu erhöhen, um alle Schüler/-innen zu aktivieren. In den Klassen 8 bis 10 soll mit dem Klassenrat bereits auf die Arbeit im Schülerrat hingearbeitet werden. So kommen strukturiertere Moderationsmethoden zur Anwendung: Das Themenspektrum weitet sich aus und die angesprochenen Themen (wie z. B. Drogen, Aids oder Kritik an Unterricht und Lehrern/-innen) werden in die Kategorien Klasse / Schule / Leben unterteilt. Flankiert wird diese Entwicklung durch Kommunikationstrainings, Reflexion und Selbstevaluation in den Klassen.

Die konsequente Arbeit an der Entwicklung demokratischer Kompetenzen bei den Schülern/-innen trägt bereits Früchte: Indem die Schüler/-innen zunehmend Gesprächs- und Prozessregeln beherrschen, werden sie auch souveräner im Artikulieren ihrer Anliegen und in der schulinternen Kommunikation allgemein. So leiten Schüler/-innen aus der 5. Klasse die Sitzun-gen eines Schüler-Eltern-Lehrer-Komittees. Andere Fünfklässler bringen ihre Kritik an Schülern/-innen der höheren Jahrgangsstufen selbstbewusst auf de-ren Stufenversammlungen vor. All das sind praktische Schritte auf dem Weg zu einer demokratischen Schule mit demokratiefähigen Schülern/-innen.

Schulbeschreibung:

Die Theodor-Haubach-Schule ist eine zweizügige Grundschule, Integrierte Haupt- und Realschule und Ganztagsschule ab Klasse 5 in einem sozialen Brennpunkt in Hamburg-Altona. Über 20 Nationen lernen und lehren in der Schule. Außer im Klassenrat beteiligen sich Schülerinnen und Schüler an der Gestaltung des Schullebens in Schülerteams, als Streitschlichter und Kursleiter.

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