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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Selbständig Lernen. Bildung stärkt Zivilgesellschaft

Materialien

Selbständig Lernen. Bildung stärkt Zivilgesellschaft

Heinrich-Heinrich-Böll-Stiftung und die Bildungskommission der Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.)(2004): Selbständig Lernen. Bildung stärkt Zivilgesellschaft. Sechs Empfehlungen der Bildungskommission der Heinrich-Böll-Stiftung. Beltz Verlag, Weinheim und Basel.

240 Seiten, Format 16 x 24 cm, Paperback-Ausgabe, Euro 16,90, ISBN 3-407-25354-0.

Mit dem „PISA-Schock“ verband sich die gewinnbringende Erkenntnis, dass
Die nun im Beltz-Verlag in Buchform erschienen sechs Empfehlungen der Bildungskommission der Heinrich-Böll-Stiftung (Mitglieder: Dr. Warnfried Dettling, Prof. Dr. Wolfgang Edelstein, Prof. Dr. Gerhard de Haan, Imma Hillerich, Herbert Hönigsberger, Reinhard Kahl, Undine Kurth, Dr. Elizabeth Neswald, Dr. Andreas Poltermann, Prof. Dr. Jens Reich, Dr. Simone Schwanitz, Dr. Anne Sliwka, Cornelia Stern, Volkmar Strauch, Dr. Dieter Wunder, Sybille Volkholz) knüpfen an die Reformdebatten um ein zukunftsfähiges Bildungssystem der letzten Jahre an. Sie skizzieren ein ganzheitliches Konzept von Schule im Zusammenhang mit dem Übergang der Industrie- zur Wissensgesellschaft sowie der Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen und den hiermit verbundenen Herausforderungen für die Institution Schule.erhebliche Veränderungen im deutschen Bildungssystem im Kontext der Wissensgesellschaft unumgänglich sind. Häufig wurden hierbei Selbständigkeit und Beteiligung, Vielfalt und Autonomie, Gleichheit und Differenz als Koordinaten eines zukunftsfähigen Bildungssystem genannt: Schule soll Kinder und Jugendliche zum selbständigen Lernen befähigen, sie zur Kommunikation und Wissensanwendung ermuntern und sich hierfür als entsprechende Lebenswelt anbieten, die zum Erwerb dieser Schlüsselkompetenzen motiviert.

Sechs Empfehlungen

Sechs wesentliche Aspekte des Schulsystems und seines Umfelds greift die Kommission dabei auf und beschreibt sie eingängig im Hinblick auf die wesentlichen Veränderungen für Strukturen, Akteure sowie Inhalte der Schule und ihres Umfelds.

Dies sind 1. Bildungsfinanzierung in der Wissensgesellschaft, 2. Chancengleichheit (individuelle Schüler/-innenbetreuung), 3. Autonomie der Schule (Selbstgestaltungsmöglichkeit der Schule), 4. Professionalität und Ethos (neues Selbstverständnis der Lehrer/-innen), 5. Inhalt des Curriculums und 6. Bildung und Migration (neue Umgangsformen mit kultureller Heterogenität).

Im Bereich Finanzierung konstatiert die Bildungskommission eine Unterfinanzierung des derzeitigen Schulsystems gemessen an den Anforderungen, die sich mit dem Anspruch einer Schule als Lebenswelt verbinden. Die Schieflage in der Finanzierung erweise sich als ungerecht und ineffektiv und hemme hierdurch Innovationen im Bildungssektor. In diesem Zusammenhang empfiehlt die Kommissionen die Einführungen von Bildungskonten von Geburt an, die von staatlichen Transferzahlungen unterstützt werden sollte.

Als hinderlich wird auch ein falsches Verständnis von Chancengleichheit in der momentanen Unterrichtskonzeption gesehen. Alle Schüler/-innen zur gleichen Zeit das Gleiche zu lehren, verfehlt in den Augen der Kommission die Förderung der Individualität der Lernenden. Der Heterogenität im Lernverhalten müsse Schule Rechnung tragen, soll sie einen optimalen Beitrag zur Entfaltung individueller Vielfalt und Entwicklung sozialer sowie fachlicher Kompetenzen in der Schülerschaft beitragen. Mit elf konkreten Vorschlägen zeigt die Kommission einen Weg zur Individualisierung des Unterrichts sowie des Lernangebots auf. In den folgenden vier weiteren Empfehlungen wird dieser Weg weiter beschritten und inhaltlich ausgestaltet. So wird ergänzend zum individualisierten Unterricht ein Kerncurriculum empfohlen, das eine „zukunftsfeste“ Bildung ermöglicht und dabei die individuellen Lernvoraussetzungen berücksichtigt.

In diesem Zusammenhang geht die Kommission mit ihren Empfehlungen auch auf Fragen nach Rolle und Selbstverständnis der Lehrer/-innen sowie Umgang mit Migration in der Schule ein. Vielfältige Kooperation als ein zentraler Leitgedanke des Berufsbilds Lehrer/in wird hervorgehoben und hinsichtlich seiner positiven Impulse auf das Lernumfeld beschrieben.

Auch im Umgang mit Migration wird Kooperation als ein entscheidender Schlüsselfaktor von der Kommission betont. Durch umfangreiche Kooperationsbeziehungen zwischen Schule und ihrem sozialen, kulturellen Umfeld soll ein integrativer, sozialer Kontext entstehen, der erfolgreiche Schulkarrieren unabhängig vom Migrationshintergrund und einen kompetenten Umgang mit Heterogenität ermöglicht.

Das große Plus der Empfehlungen ist nicht nur, dass sie den Handlungsbedarf im deutschen Bildungssystem konkret benennen sondern gleichzeitig inhaltlich ausgereifte Verbesserungsvorschläge liefern. Dass es sich dabei um keine in der Luft schwebenden Visionen handelt verdeutlichen die praxisorientierten und präzisen Ausführungen zu den einzelnen Bereichen sowie die Breite an Problempunkten, die mit den Empfehlungen aufgearbeitet werden. Zudem greifen die Empfehlungen in einander, was sie aus der Kakophonie der Reformdiskussion hervorhebt. Sie ergänzen sich so zu einem ganzheitlichen Konzept zukunftsfähiger Schule, das in nächster Zeit Schule machen sollte.

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07.09.2004
Gunnar Hammerschmidt