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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Service Learning: Verantwortung lernen in Schule und Gemeinde

Materialien

Service Learning: Verantwortung lernen in Schule und Gemeinde

Sliwka, Anne / Frank, Susanne (Hrsg.) (2004): Service Learning: Verantwortung lernen in Schule und Gemeinde. Beltz Verlag, Weinheim und Basel.
19,90 Euro. 160 Seiten (davon 75 Seiten Kopiervorlagen). ISBN 3-407-62518-9

Nicht für die Schule sondern für das Leben...
Schüler arbeiten als Mentoren für jüngere Schüler oder in sozialen Einrichtungen, sie entwickeln Lösungsansätze für den Algenbefall im Zoo oder schaffen Grünflächen in der Stadt. Dies sind Beispiele für Service Learning (SL) an deutschen Schulen, eine Methode, die zentral ins Schulcurriculum integriert wird und das Lernen von Verantwortung mit dem Lernen durch Verantwortung in authentischen Situationen verbindet: „Schüler leisten in diesen Projekten einen Dienst am Gemeinwohl (engl. Service), erarbeiten dabei gleichzeitig Lerninhalte und erlangen verschiedene Kompetenzen (engl. Learning)“ (S. 9).

Demokratieverständnis und Kompetenzentwicklung
Das Buch bietet im ersten Teil einen guten Überblick darüber, was SL beinhaltet und welche pädagogischen sowie gesellschaftlichen Ideen diesem Konzept zu Grunde liegen.
Wie andere Formen des Erfahrungs- und Projektlernens setzt SL auf die positiven Lerneffekte der kooperativen Bearbeitung realer Probleme oder Situationen. Gleichzeitig ist mit diesen Lernformen eine Förderung sozialer Kompetenzen sowie eine Bereicherung für die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler verbunden. Darüber hinaus bezieht Service Learning eine „dritte Säule“ mit ein – die Zusammenarbeit zwischen Schule und Gemeinwesen – eine im Kern demokratiepädagogische Komponente, die u.a. auf Dewey und Barber zurückgeführt wird und unter dem Schlagwort civic education der Entwicklung und Förderung sog. "bürgerschaftlicher Kompetenz" dient. „Service Learning ist zivilgesellschaftliches Lernen und Handeln“ (S. 7). Damit setzt SL auch an den Praxisdefiziten herkömmlichen Demokratielernens an, das häufig über eine stark kognitive Vermittlung von abstraktem Lernstoff geschieht.

Ein echtes Arbeitsbuch
Die Stärke des großformatigen Werks (A4) liegt in der vielfältigen und detaillierten Darstellung der Methoden. Die dargestellten Methoden überschneiden sich zum Teil mit Methoden des Projektlernens, wodurch dieses Buch auch für das klassische Projektlernen interessant wird.
Schritt für Schritt werden unterschiedliche Methoden für SL-Projekte vorgestellt – von der Problemidentifikation über die Planung und Durchführung bis hin zur Evaluation und Präsentation. Sehr schön ist vor allem das Arbeitsheft „Schüler als Gemeinde-Detektive“ (S. 124ff). In den mit detaillierten Beispielen aus der Praxis und gelungenen Arbeitsmaterialien unterfütterten Methoden wird die – in der aktuellen Debatte um PISA und Bildungsstandards geforderte – Verbindung von Fach-, Methoden- und Sozialen Kompetenzen spürbar und anschaulich. Dabei beschränkt sich der Methoden- bzw. Materialbaukasten nicht nur auf einzelne Projekte, sondern nimmt auch die Veränderungen der Lehrer- und Schülerrolle sowie die institutionellen, organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen in den Blick. So kann er für die Gestaltung des ersten SL-Projekts ebenso genutzt werden wie für die breitere Institutionalisierung von SL an Schulen sowie für alle Abstufungen zwischen diesen beiden Polen.
Die 75 Seiten Arbeitsmaterialien (für Lehrer und Schüler), die als Kopiervorlagen dienen können, decken dementsprechend ein breites Spektrum ab: Planungshilfen, Reflexionshilfen, Evaluation und Zertifizierung – kaum ein Thema bleibt unberücksichtigt. Durch Verweise sind diese Arbeitsmaterialien auch im theoretischen Teil gut eingebunden.

Jenseits wohlwollend-kritischer Anfragen zu den normativen Elementen des SL und bspw. ihrem Verhältnis zum sogenannten „aktivierenden“ Staat, die hier nicht weiter verhandelt werden sollen, birgt gerade die herausragende Qualität des Buches eine eigene Gefahr:
Durch die klaren Vorschläge und Vorgaben (der Struktur, des Vorgehens und der Ideenfindung) kann letztlich die Reflexion aller Projektbeteiligten (die ggf. über die Fragen, die in den Arbeitsmaterialien und Methoden auftauchen, hinausgehen muss) und das Einbinden der jeweiligen „Reflexionsergebnisse“ in die konkreten Projekte zu kurz kommen. Die in allen Gruppenprozessen und Projekten notwendige Achtsamkeit wird einem durch das Buch nicht abgenommen!
Glücklicherweise bietet es auch für diesen Bereich, die Eigen- und Prozessreflexion, gute Methoden und Ideen und greift „typische“ Reflexionssituationen (Konflikte, Störer,...) auf. Diese müssen jedoch jeweils selbst situationsangemessen angewandt und ggf. abgeändert werden.

Fazit
Sliwkas und Franks Werk ist ein hervorragender „Reiseführer“ (S. 8) in Sachen Service Learning, dessen gelungene Theorie-Praxis Balance ihn sowohl für erfahrene Praktiker als auch für „Neulinge“ zu einem „Muss“ macht.

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06.02.2005
Tilman Lutz (Servicestelle Demokratie lernen und leben, RAA MVP e.V.)

Schlagworte: Community Education, Kooperation mit außerschulischen Partnern, Partizipation in der Gemeinde, Verantwortung übernehmen, Service Learning, Demokratiekompetenzen, Projektlernen