Diese Seite wird nicht mehr aktualisiert

BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Auf dem Weg zu einer Schulpolis

Materialien

Schule als Polis

Auf dem Weg zu einer Schulpolis

Für diejenigen, die die Idee der Polis aufgreifen wollen, sollten die vorangegangenen Schulbeispiele einen Eindruck verschiedener Möglichkeiten zur Organisation der Schule als demokratisch strukturierten Lern- und Lebensraum vermitteln. Ohne eines der Beispiele in den Vordergrund zu stellen, sind die darin enthaltenen Strukturelemente als Anregungen und Impulse zu verstehen, um entsprechend eigener Visionen und der jeweiligen Rahmen- und Umfeldbedingungen ein eigenes Modell einer Schulpolis zu entwickeln.

Die Entwicklung einer Schulpolis insgesamt stellt ein sehr komplexes Unternehmen dar, dessen Realisierung einen langfristigen Prozess erfordert. Dieser sollte gleichzeitig Teil einer partizipativen Entwicklung bzw. Fortschreibung des Schulprogramms der Schule sein. Anders formuliert bedeutet das, dass Schulleitung, Lehrer-, Eltern- und Schülervertreter-/innen möglichst gemeinsam eine umfassende Konzeption der eigenen Schule als Polis im Sinne einer positiven Zukunftsvision entwickeln, die beinhaltet, wie die zu gestaltende Schuldemokratie qualitativ und strukturell aussehen soll. Dazu eignen sich zum Beispiel Großgruppenverfahren wie "Open Space" oder besonders auch Zukunftswerkstätten und Zukunftskonferenzen (einführende Informationen sowie Praxistipps zur Arbeit mit Großgruppenverfahren finden Sie in unserem Demokratiebaustein "Selbstevaluation mit großen Gruppen").

Hinsichtlich der längerfristig angelegten und an vielen verschiedenen "Baustellen" erfolgenden Realisierung einer Schulpolis wird empfohlen, die Aufmerksamkeit zunächst nur auf wenige Bereiche zu beschränken, um einen Abbruch des Prozesses aufgrund von Überforderung vorzubeugen. Eine erste dieser Baustellen könnte z.B. ähnlich des Bielefelder Beispiels sein, mit der Etablierung von z.B. Klassenratsversammlungen zu beginnen, um von da ausgehend z.B. auch die Einrichtung einer regelmäßig stattfindenden Schulversammlung in Angriff zu nehmen (nützliche Informationen und Hinweise zur Schulversammlung und "Just Community" finden Sie im Internet bei Net-Part.Schule).  Eine andere, eher am Beispiel der Berliner Schule orientierte Variante könnte sein, mit der Neugestaltung der SV-Arbeit zu beginnen, von der ausgehend weitere Formen demokratischen Mitsprache (wie Klassenrats- und Schulversammlungen) und solche partizipativer Mitgestaltung in Form  themenspezifischen Projektgruppen, projektähnlichen Arbeitskreisen und selbstinitiierten Initiativen  projektartig arbeitender Arbeitsgruppen etabliert und miteinander vernetzt werden.

Wie die ersten Schritte zur Realisierung einer Schulpolis potenziell aussehen können, sei anhand der Entstehung des Schülerparlamentes an der Erich-Kästner-Gesamtschule in Hamburg illustriert. Der erste Schritt bestand hier zunächst darin, dass eine bestehende Arbeitsgemeinschaft aus Eltern und Lehrer/-innen beschloss, dass die Schüler/-innen an der Entwicklung des Schulgeländes in eine kindgerechte Landschaft beteiligt werden sollten. Als Methode wurde dazu eine Zukunftswerkstatt gewählt, an der alle Schüler/-innen der Schule teilnehmen sollten. Die Kritik- und Visionsphase der Werkstatt wurde zunächst in den Klassenverbänden der Schule durchgeführt. Um die dabei entstandenen Ideen diskutieren zu können, wurde eine Delegiertenversammlung gegründet, in die jede Klasse zwei Vertreter/-innen entsandte (die nicht die Klassensprecher/-innen sein mussten). In dieser Versammlung wurden die Kritiklandschaften der einzelnen Klassen sowie ihre Ideen zur Umgestaltung vorgestellt und gemeinsam beraten, bevor die Delegierten ihren Diskussionstand wiederum in ihre Klassen zurückmeldeten. Zu den Ergebnissen jeder der Phasen (Kritik-Vision-Planung) wurde schließlich in der Delegiertenversammlung eine Ausstellung erarbeitet, in der die unterschiedlichen Arbeiten zu einer aussagekräftigen Präsen-tation zusammengefügt wurden. Die Entscheidung darüber, welches Modell letztlich umgesetzt werden sollte, wurde nach anregenden Diskussionsprozessen mit den Klassen von der Delegiertenversammlung gefällt. Aufgrund der positiven Erfahrungen, die Schüler-/innen und Lehrer-/innen mit dieser Form der Schüler/-innen-beteiligung an Entscheidungsprozessen gemacht hatten, wurde die so entstandene Delegiertenkonferenz zu einer regelmäßig tagenden Versammlung, die sich zu einem Schülerparlament entwickelt hat. Mit der Institutionalisierung der Delegiertenkonferenz als Schülerparlament ist der Weg zur Polis jedoch keineswegs beendet.

Allgemein empfiehlt es sich, repräsentative Mitwirkungsstrukturen nicht nur auf ein gesamtes Schulparlament auszuweiten, das neben Schulleitung, Lehrern, Schülern, Eltern und evtl. zivilgesellschaftliche Partner einschließt, sondern - wie in den genannten Beispielen angedeutet - sie um weitreichende Strukturen demokratischer Mitsprache und aktiver Mitgestaltung zu erweitern und diese zu einem Gesamtbild der Schule als Polis zu vernetzen.

top