Exkurs: Arbeit mit Portfolio
Inhalt dieses Bausteins
Ein Portfolio (ital. für „Brieftasche") oder auch eine Mappe ist eine gängige Beurteilungsform bei Künstler/-innen und Journalist/-innen, anhand derer sie außer den Produkten, die sie geschaffen haben, ihren Werdegang und ihre Vielfalt demonstrieren. Wie kann ein Portfolio in der Schule und im Unterricht eingesetzt werden?
Im schulischen Kontext erfasst ein Portfolio neben den üblichen Leistungsprodukten von Schüler/-innen (Klausuren, Hausaufgaben etc.) repräsentative Dokumente des Lernens, die sowohl Lernergebnisse als auch Lernentwicklungen abbilden – sozusagen als „Auswahl von Beweismitteln". Die Portfoliogestaltung selbst liegt in der Verantwortung der Schüler/-innen und erfordert, dass diese sich persönliche Ziele zu setzen – die Arbeit am und mit dem Portfolio unterstützt sie somit auch dabei, einen Handlungsplan zu entwickeln und zu überprüfen. In Portfolio-Gesprächen geben die Lehrer/-innen schließlich ihren Schüler/-innen auf der Basis der Dokumentationen individuelle Rückmeldungen.
Rahmenthema und Dimensionen des Portfolios werden entweder von den Lehrer/-innen im Vorfeld erarbeitet oder gemeinsam mit den Schüler/-innen entwickelt. In jedem Fall sollten Lehrer/-innen und Schüler/-innen, die die Arbeit mit dem Portfolio beginnen, vereinbaren, wie das Portfolio eingesetzt wird, welches Ziel damit verfolgt wird und wie es in die Benotung einfließt. Das alles klingt nach einem aufwändigen Vorgehen – was spricht für den Einsatz von Portfolios?
Portfolios unterstützen Schüler/-innen dabei, ihren eigenen Lernprozess systematisch zu reflektieren. Sie gehen von einen personenzentrierten Ansatz aus und berücksichtigen Kreativität, Selbstständigkeit, Spontaneität – neben Lernergebnissen steht die Entwicklung des Einzelnen im Mittelpunkt des Interesses. Portfolios verfolgen dabei eine doppelte Zielrichtung – sie dienen zur Selbstbeurteilung auf Seiten der Schüler/-innen und ermöglichen zugleich eine Fremdeinschätzung durch Mitschüler/-innen und/oder Lehrer/-innen.
Wie sieht ein solches Portfolio dann aus? Ganz verschieden! Es gibt viele verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten. Eine grundlegende Unterscheidung ist aber, ob es sich um eine Auswahl der besten Leistungsergebnisse und -prozesse handelt („Best-Work-Portfolio") oder um eine Dokumentation der Leistungsentwicklung, die Ergebnisse unterschiedlicher Güte und Vorläufiges enthält („Growth-and-Learning-Progress-Portfolio") – letzteres ist sicherlich empfehlenswert, wenn man eine reine „Darstellungskultur" vermeiden möchte, die Fehler oder (vermeintliche) Irrwege ausschließt.
Ein bekanntes und recht weit entwickeltes Beispiel für Portfolio-Arbeit ist das "Europäische Sprachen-Portfolio". Es besteht aus
- einem Sprachen-Pass, in dem offizielle Qualifikationen eingetragen werden,
- einer Sprachen-Biografie mit persönlichen Beschreibungen von Sprach- und Kulturerfahrungen und Selbstevaluationen von sprachlichen Kompetenzen,
- einem Dossier, das selbst ausgewählte Dokumente des Lernens enthält.
Ein Portfolio enthält also in der Regel Arbeitsergebnisse, die im Rahmen des Unterrichts von Schüler/-innen gefordert werden, ebenso wie Arbeitsergebnisse, die außerhalb des Unterrichts auf Initiative der Schüler/-innen entstehen – und darüber hinaus Reflexionen der Schüler/-innen sowie Rückmeldungen und Beobachtungen der Lehrer/-innen über Lernprozess und Lernergebnisse.
Stand: August 2004
06.09.2004
Kirsten Schroeter
Schlagworte: Selbstevaluation, Schülerbeteiligung