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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Grundschule Süd, Landau, Partizipation und Verantwortung im Klassenrat Dezember 2003

Schulen

Grundschule Süd, Landau, Partizipation und Verantwortung im Klassenrat Dezember 2003

Seit Februar 2003 beteiligt sich die Grundschule-Süd in Landau am BLK-Modellversuch in Rheinland-Pfalz. Mit 150 Kindern in sieben Klassen und dreizehn Lehrerinnen und Lehrern ist die Schule noch im Aufbau. Schon vor der Beteiligung am Demokratie-Programm hat das Kollegium großen Wert auf die Partizipation der Kinder gelegt. Die ersten Schulversammlungen wurden vor 1½ Jahren durchgeführt, seit September 2003 verbindlich jeden Monat. Mit Besprechungen in „Sitzkreisen“ und „Konfliktkreisen“ gab es schon Vorformen des Klassenrats. „Eigentlich hat für die Schulversammlungen und die Abgeordnetenversammlung der Klassen noch die Basis gefehlt“, erklärt Schulleiterin Siglinde Burg.

Partizipation und Verantwortung im Klassenrat

„Ich bin verärgert, dass die Bücher draußen so durcheinander sind“, so leitet der aktuelle Klassenratschef Nikolas den Klassenrat ein. Klassenrat – das ist die Versammlung aller Kinder: Jeder hat eine Stimme – auch die Lehrerin.

In dieser Woche geht es um den Umgang mit Büchern, die außerhalb der Klassenräume stehen und für alle Kinder zugänglich sind. „Wir müssen alles genau kontrollieren“, meint ein Kind. „Wenn du kontrollierst, kannst du selber nicht arbeiten“, wendet ein anderes ein. Viele Vorschläge werden erörtert.

Der Klassenratschef nimmt die Kinder in der Reihenfolge der Meldungen dran. Wer sich direkt auf seinen Vorredner bezieht, zeigt mit zwei Händen auf. Wer allgemein zum Thema spricht, mit einer.

Nach einigem Für und Wider findet die Klasse eine Lösung. „Wir schreiben Zettel, wo die verschiedenen Bücher stehen, Lexika, Tierbücher, Abenteuerbücher.“ Frau Burg hat Protokoll geführt. Und direkt nach der Stunde setzen die Kinder den Beschluss praktisch um: Die Bücherei erhält ein übersichtlicheres Ordnungssystem.

Das BLK-Programm fokussiert die Demokratieentwicklung

Seit Februar 2003 beteiligt sich die Grundschule-Süd in Landau am BLK-Modellversuch in Rheinland-Pfalz. Mit 150 Kindern in sieben Klassen und dreizehn Lehrerinnen und Lehrern ist die Schule noch im Aufbau. Schon vor der Beteiligung am Demokratie-Programm hat das Kollegium großen Wert auf die Partizipation der Kinder gelegt. Die ersten Schulversammlungen wurden vor 1½ Jahren durchgeführt, seit September 2003 verbindlich jeden Monat. Mit Besprechungen in „Sitzkreisen“ und „Konfliktkreisen“ gab es schon Vorformen des Klassenrats. „Eigentlich hat für die Schulversammlungen und die Abgeordnetenversammlung der Klassen noch die Basis gefehlt“, erklärt Schulleiterin Siglinde Burg. „Mit der Teilnahme am BLK-Programm haben wir unsere demokratische Praxis innerhalb des Kollegiums systematischer reflektiert. Und wir haben festgestellt, dass die Basis für die Beteiligung und Verantwortlichkeit der Kinder nur innerhalb der Klasse liegen kann. In der Klasse lernen die Kinder Regeln für „demokratisches Sprechen“ und Konfliktlösungen, aber auch Verantwortung für das eigene Lernen, für die Schulgemeinschaft und nach und nach auch für die Gemeinde.“

In den nächsten zwei Jahren will die Schule die Praxis des Klassenrats evaluieren und weiter verbessern. Mittlerweile arbeiten alle Klassen der Schule verbindlich mit dem Klassenrat. Jede Klasse schickt zwei Vertreter in die Abgeordnetenversammlung, die gemeinsam mit der Schulleiterin die Schulversammlungen vorbereiten. Die Schule hat sich auch vorgenommen, die Schülerinnen und Schüler auf ihre Rollen als Klassenratschef und Protokollant vorzubereiten: Sie sollen Gesprächsführung und Präsentationstechniken lernen und wesentliche Stichpunkte notieren können. Ab Klasse 1 lernen sie Regeln aufzustellen und einzuhalten, einander zuzuhören, in Ich-Botschaften zu sprechen und Konflikte friedlich zu lösen.

Regeln und Verantwortungslernen

Gemeinsamen Regeln spielen an der Schule eine große Rolle: zu Kommunikation und Streitschlichtung sowie für den Klassenrat. Kinder übernehmen von Anfang an über ein Paten- und Helfersystem Verantwortung für die Gemeinschaft: Pro Klasse gibt es einen Klassenratschef, Computer- und Ordnungschef, Müllchef und Abgeordnete für die Schulversammlung.

Ältere Schüler bringen den jüngeren bei, wie Konflikte friedlich geregelt werden und wie das Stopp-Zeichen bei aggressivem Verhalten gezielt eingesetzt wird. Paten der zweiten Klassen zeigen den Erstklässlern in der offenen Arbeitsphase (eine Stunde pro Tag), wie sie eigenverantwortlich mit dem Lernmaterial umgehen und Portfolios anlegen können. Auf diese Weise kann jeder neue Jahrgang natürlich in die demokratische Schulgemeinschaft hineinwachsen.

Die Kinder übernehmen auch Verantwortung für das eigene Lernen und schließen Lernverträge mit sich ab. In der offenen Phase erforschen sie bedeutsame Themen, halten Vorträge vor anderen Kindern und überprüfen, inwieweit sie ihre Lernzeit sinnvoll nutzen. Damit die Eltern diesen Prozess mittragen, erhalten sie von den Lehrkräften alle zwei bis drei Monate ein Feedback über den Lernstand ihrer Kinder.

Mehr gemeinsame Zeit für Kooperation im Kollegium

Aber nicht nur für die Kinder wird ein Kompetenzprogramm erstellt. Auch die Lehrerinnen und Lehrer sind in einem nachhaltigen Lernprozess. „Wir als Lehrer wollen und müssen lernen, den Kindern genügend Freiraum zu geben, damit sie eigenverantwortlich agieren können“, steht in den demokratischen Leitlinien vom September 2003. Um den gemeinsamen Weg kontinuierlich zu reflektieren und mehr Absprachen treffen zu können, hat das Kollegium mehr gemeinsame Zeit vereinbart.

An zwei Tagen in der Woche (Dienstag und Donnerstag) wurde eine jeweils zweistündige verbindliche Präsenzzeit vereinbart. Ein Mal in der Woche (Mittwoch) findet ein Jour fixe statt. Er dient der internen Verständigung über die Schulentwicklung. Die demokratische Schule ist als Ziel im Schulqualitätsprogramm vereinbart. Ein Ergebnis des Jour fixe ist die Planung eines gemeinsamen Projekttages von Eltern, Kindern und Lehrkräften zur Demokratie an der Schule im Februar 2004.

Die Schülerinnen und Schüler kommen aus einem gemischten sozialen Umfeld mit sozialem Brennpunkt. Der MigrantInnenanteil der Schülerschaft beträgt ca. 20%.

(Burg/Student)

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