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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Polis als Lebens- und Erfahrungsraum – die Laborschule Bielefeld

Materialien

Schule als Polis

Polis als Lebens- und Erfahrungsraum – die Laborschule Bielefeld

Dem Bielefelder Polismodell liegt die Idee zugrunde, "Schule als Lebens- und Erfahrungsraum" zu verstehen, in dem "Erziehung zur Demokratie [...] kein isoliertes und isolierbares Element" darstellt, sondern wo Grundpraktiken demokratischen Denkens und Handelns "tragende Grundlagen der gesamten Lebensgestaltung wie auch des Unterrichts" sind (von der Groeben 2000: 110). Politik ist dementsprechend an der Laborschule weniger etwas, das gelehrt und gelernt werden soll, als vielmehr etwas, das "zunächst und vor allem ein Prinzip" darstellt, das erfahrbar gemacht wird (von der Groeben 2000: 116). Im Vordergrund steht dabei vor allem die Förderung von Gemeinsinn und Verantwortungsübernahme durch eine Vielzahl von Formen der kooperativen Gestaltung des Zusammenlebens, so z.B.:

Folgende Elemente sind Bestandteile der Laborschule als Polis und dienen der gemeinsamen Regelung gemeinsamer Angelegenheiten: In den altersgemischten Lerngruppen des ersten bis dritten Schuljahres findet jeden Morgen vor Beginn des Unterrichts ein Morgenkreis statt, der dazu dient, den Tag gemeinsam zu beginnen, zu strukturieren sowie Vereinbarungen miteinander zu treffen. Eine zweite Einrichtung sind die "großen Versammlungen" nach den Frühstückspausen. Hier kommen Lerngruppen zusammen, um Geburtstage zu feiern, aktuelle Mitteilungen zu machen usw.. Auf diese Weise erfahren die Schüler/-innen der jüngeren Jahrgänge als Mitglied einer kleinen und einer ersten größeren Gemeinschaft anzugehören.

Die kleine Versammlung des Morgenkreises wird in den folgenden Jahrgängen zu einem kleinen Diskussionsforum. In diesen Foren tauschen sich die Schüler-/innen über anliegende Themen oder Probleme aus, handeln Konflikte aus und suchen gemeinsam nach Lösungen. Geleitet werden die Gruppenversammlungen in der Regel von den Schüler/-innen selbst, die zunächst eine Tagesordnung zusammenstellen und dann auch die Gesprächsleitung übernehmen. Diese Versammlungen sind  mit dem vergleichbar, was heute als Klassenrat bekannt ist (weiterführende Informationen hierzu finden Sie in unserem Demokratiebaustein "Klassenrat"). Ein weiteres Element stellen die Mädchen- und Jungenkonferenzen dar, die zeitlich variabel organisiert werden und in deren Rahmen sich die Schüler/-innen jeweils "unter sich" und fern von geschlechtsspezifischen Hemmungen über ihre Interessen, Probleme, Gefühle und Wünsche austauschen können.

Auch die jährlich stattfindenden Projektwochen sind zu erwähnen, in denen die gesamte Schule gemeinsam an einem politischen Thema arbeitet. Meist betrifft das Thema eine wichtige (welt-)politische Problematik (z.B. Hilfe für Nicaragua nach der Hurrican-Katastrophe von 1997, das im Jahr 1998 gefeierte fünfzigjährige Jubiläum der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte usw.). In der Zeit vor der Projektwoche entwickeln die Schüler/-innen Ideen, was sie zu dem jeweiligen Thema machen wollen und bilden Projektgruppen. Die Projektwoche selbst beginnt mit einem gemeinsamen Auftakt, bei dem die einzelnen Gruppen ihre Vorhaben vorstellen. Abgeschlossen wird die Projektwoche mit einem großen Fest, bei dem die Gruppen ihre Ergebnisse präsentieren.

Neben diesen institutionalisierten Versammlungs-, Konferenz- und Projektformen zur "gemeinsamen Regelung gemeinsamer Angelegenheiten" bilden sich zahlreiche weitere Aspekte in der Laborschule ab, die weniger direkt strukturelle Charakteristika einer Schulpolis sind, dennoch aber wichtige Gelegenheiten für verantwortliches, gemeinsinnorientiertes und selbstständiges Handeln darstellen. Nur exemplarisch genannt seien

Fasst man die angeführten Elemente zu einem Gesamtbild zusammen, lässt sich feststellen, dass die in der Laborschule ermöglichten Gelegenheiten, Demokratie zu erfahren und zu erlernen, sich besonders auf die Erfahrung von Demokratie als Lebensform und die Entwicklung entsprechender sozialer, kommunikativer und kooperativer Kompetenzen richtet. Neben den Fähigkeiten zum gemeinwesenorientierten Denken und Handeln nehmen dabei auch Kompetenzen zum selbständigen und verantwortlichen Handeln eine wichtige Rolle ein. Während in den jüngeren Jahrgangsstufen die Beteiligung aller Schüler/-innen vorwiegend in Form demokratischer Mitsprache in gemeinsamen Versammlungen u.ä. umgesetzt wird, rücken in den höheren Jahrgängen projektorientierte Formen stärker in den Vordergrund. Strukturen repräsentativer Interessenvertretung und politischer Mitbestimmung besitzen in der Laborschule einen weniger ausgeprägten Stellenwert.

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