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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Prora – Ein Praxisbeispiel von Oral History aus Mecklenburg-Vorpommern

Materialien

Demokratie lernen und leben in historischen Projekten

Prora – Ein Praxisbeispiel von Oral History aus Mecklenburg-Vorpommern

Prora ist ein Ort mit Geschichte auf Rügen. Das Prora-Zentrum e.V. befasst sich seit geraumer Zeit mit der Erforschung der Geschichte Proras in der NS-Zeit, hat eine eigene Ausstellung zu Prora, Peenemünde und Alt Rehse erarbeitet und führte unter anderem bereits viele bildungspolitische Projekte mit Schulen durch. Die von den Nationalsozialisten gegründete Freizeitorganisation "Kraft durch Freude" (KdF) plante in Prora auf Rügen die Errichtung eines Seebades im Umfang von 20.000 (!) Betten in einem monumentalen Gebäudekomplex. Der Grundstein wurde am 2. Mai 1936 gelegt. Die Anlage wurde notdürftig während des 2. Weltkriegs fertiggestellt und diente 1943/44 als Flüchtlingslager.

Das hier vorgestellte Ausstellungsprojekt "Prora - mehr als nur ein schöner Strand" (Susanna Misgajski, Jana Romanski) entstand durch eine Kooperation des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums (EMA) in Bergen mit dem Prora-Zentrum e.V. als außerschulischem Partner. Es war über 1½ Jahre angelegt und eröffnete die Chance, viele methodische und didaktische Ansätze in dem Projekt zu verwirklichen. Teilnehmende waren Schülerinnen und Schülern des 12. bzw. 13. Jahrgangs.

Zum Projektablauf:

Am Beginn stand die Annäherung an das Thema "Prora", dem geplanten "Kraft durch Freude"-(KdF)-Seebad Rügen. Sekundärliteratur, Studium von Akten und Zeitungsartikeln in Archiven und die Befragung von Zeitzeugen ermöglichten den Schülerinnen und Schülern ein breites methodisches Spektrum, ihre einzelnen Themen in Arbeitsgruppen von zwei bis drei Personen zu erforschen. Von Anfang an lag dabei ihr Augenmerk auch auf möglichen Abbildungen für die geplante Ausstellung (sowohl Bildmaterial, als auch zeitgenössische Texte).

Die Archivarbeit wurde für die Jugendlichen durch Zeitzeugengespräche begleitet, die vom Prora-Zentrum organisiert wurden. Die Zeitzeugen erzählten aus ihrem Leben vor der gesamten Schülergruppe. Die Zeitzeugengespräche wurden von den Schülerinnen und Schülern des Projekts als besonders positiv empfunden. Sie gaben eine gute Ergänzung und neue Erkenntnisse zu dem bereits in der Sekundärliteratur und in den Archiven Erforschten. Sämtliche Zeitzeugengespräche wurden mit einer Digitalkamera und einem Tonaufnahmegerät dokumentiert.

Die Auswertung der Zeitzeugengespräche lag jeweils bei den Arbeitsgruppen, die aus diesen Gesprächen für ihr Thema interessante Aussagen entnehmen konnten. Dabei stellte sich heraus, dass Einzelnes von den Schülerinnen und Schülern gar nicht mehr so genau erinnert wurde. Die nachträgliche Beschäftigung mit den original dokumentierten Zeitzeugenaussagen - hier handelt es sich um eine historische mündliche Quelle - ermöglichte den Schüler/-innen eine genaue Analyse, ein kritisches Hinterfragen der Aussagen und eine Einordnung des Gesagten in den bereits erforschten historischen Kontext. Wichtige Aussagen zu ihrem Thema wählten sie konkret mit Satzanfang und Ende der Äußerung aus. Diese Einzelaussagen wurden zu einer größeren Gesprächssequenz zusammengefügt. Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass diese Anordnung nicht immer mit dem chronologischen Ablauf des Zeitzeugengesprächs einherging. Der erzählende Zeitzeuge machte in seinen Erzählungen immer wieder Sprünge, er erwähnte etwas zwischendurch, nahm noch einmal Bezug auf etwas bereits Gesagtes etc. Die Aufgabe für die Schüler und Schülerinnen bestand also zudem darin, zu ihren Themen eine logische Abfolge des Gesagten festzulegen.

Dieser von den Schülerinnen und Schülern festgelegte Filmschnitt für den Zeitzeugenfilm wurde in Bezug auf ein Zeitzeugengespräch von ihnen geschnitten und mit Überschriften unterlegt. Der halbstündige Film zur Ausstellung, in dem sich zu jedem Thema der Ausstellung Zeitzeugen äußern, wurde aus zeitlichen Gründen mit Hilfe des Landesfilmzentrums Mecklenburg-Vorpommern in Wismar verwirklicht.

Während des gesamten Projekts konnten die Schülerinnen und Schüler ihre Arbeit mehrmals auf öffentlichen Veranstaltungen auf Rügen und bei Veranstaltungen des BLK-Programms "Demokratie lernen und leben" in Mecklenburg-Vorpommern vorstellen. Die Veranstaltungen stärkten die Schüler und Schülerinnen in ihrer Bereitschaft, bei einem sehr arbeitsintensiven Projekt mitzuarbeiten. Auch die örtliche Presse wurde stets über die Fortschritte und Aktivitäten des Projektkurses informiert, so dass die Jugendlichen auch hier wahrnehmen konnten, dass ihre Arbeit auch über die Schule hinaus Beachtung findet.

Die eigentliche Ausstellungsarbeit, das heißt die Reduzierung des Erforschten auf ein oder zwei Ausstellungstafeln, die auch nicht zu viel Text enthalten, war im letzten Halbjahr nochmals eine Herausforderung. Sie lief einher mit der Auswertung der Zeitzeugengespräche, mit der Auswahl der Abbildungen und mit dem Einigen über das Layout der Tafeln mit dem Grafiker. Letzten Endes hat dieses alles gut harmoniert, das Prora-Zentrum hatte bereits mit dem Grafiker zusammengearbeitet und der Grafiker hatte bereits Erfahrung darin, mit Schülerinnen und Schülern Ausstellungen umzusetzen.

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