Vom Methodentraining zur selbstständigen Methodenanwendung (Sachsen-Anhalt)
Voraussetzungen für die Einführung bzw. Durchführung
Welche Bedingungen wurden vor der Einführung geschaffen?
Gremien der Mitbestimmung und Mitwirkung in Sachsen-Anhalt
- Die Gesamtkonferenz (GK) ist das höchste Gremium der Mitbestimmung einer Schule. Vertreten sind mit 50 Prozent der Stimmen Lehrkräfte sowie mit je 25 Prozent Eltern bzw. Schülerinnen und Schüler. Die Beschlüsse der Gesamtkonferenz sind bindend für die schulische Arbeit.
- Die Dienstberatung ist die Konferenz der Lehrerinnen und Lehrer. Sie fasst keine Beschlüsse.
- Im Schülerrat (SR) sind die Klassensprecherinnen und Klassensprecher der einzelnen Klassen vertreten. Jede Klasse wählt zu Beginn des Schuljahres eine Klassensprecherin oder einen Klassensprecher sowie die Stellvertreterin oder den Stellvertreter. Diese gewählte Klassensprecherin bzw. der gewählte Klassensprecher ist Mitglied des Schülerrats der Schule. Der Schülerrat wählt aus seinem Kreis die Vertreterinnen und Vertreter in der GK. Der Schülerrat fasst keine Beschlüsse.
- Der Elternrat setzt sich zusammen aus den alle zwei Jahre von den Klassenelternschaften gewählten Vertreterinnen und Vertretern. Der Elternrat wählt aus seinem Kreis die Vertreterinnen und Vertreter für die GK.
- Fachzirkel sind die Arbeitsgruppen der Lehrerinnen und Lehrer, die in einer Fachgruppe Unterricht erteilen.
(vgl. Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, 01.05.2005)
Äußere Schulentwicklung
Eckpunkte der äußeren Schulentwicklung
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In Sachsen-Anhalt besteht es seit 1990 ein dreigliedriges Schulsystem: die Sekundarschule mit Haupt- und Realschulbildungsgängen, das Gymnasium sowie sechs Gesamtschulen. Die - damalige - Heinrich-Heine-Ganztagsschule war eine Sekundarschule.
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Bis zum Jahr 2003 gab es einen mehrfachen Wandel hinsichtlich des Beginns der gymnasialen Ausbildung und der Haupt- und Realschulbildungsgängen. Seit 2003 wird in den Sekundarschulen unseres Bundeslandes wieder in getrennten Haupt- und Realschulbildungsgängen unterrichtet.
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Mit Beginn des Schuljahres 2002/03 fand die erste Schulfusion der Heinrich-Heine-Schule mit der Lessingschule statt. Im Schuljahr 2005/06 wurde die Schule mit zwei weiteren Schulen zusammengelegt (Novalisschule und Schorlemmerschule). Seitdem gibt es zwei Standorte: Hemingwaystraße sowie eine Außenstelle in der ehemaligen Schorlemmerschule, etwa 2500 m entfernt.
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Die Schule trägt seit der letzten Fusion 2005 den Namen „Sekundarschule Hemingwaystraße“ und zählt zu den größten Sekundarschulen in Sachsen-Anhalt.
Mit der äußeren Schulentwicklung verbundene Veränderungen in der Schülerschaft und im Kollegium
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Seit der ersten Fusion 2002/03 wurde die Schule von drei verschiedenen Schulleitern geführt. Die amtierende Schulleiterin leitet sie seit 2005/06.
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Im gleichen Zeitraum gab es eine hohe Fluktuation im Kollegium. Es kamen immer wieder neue Kolleginnen und Kollegen aus anderen Arbeitszusammenhängen hinzu. Lehrkräfte der Heinrich-Heine-Schule wechselten ebenfalls zu anderen Schulen oder Schulformen. Davon waren auch funktionierende Arbeitsgruppen, z. B. die BLK-Steuergruppe, betroffen.
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Da sich das Einzugsgebiet der Schule sehr stark erweiterte, veränderte sich ebenfalls die Zusammensetzung der Schülerschaft. Viele Eltern, vor allem solche, die ihren Kindern bessere Startchancen für eine Berufsausbildung ermöglichen wollen, melden ihre Kinder am Gymnasium bzw. der nahe gelegenen Gesamtschule an. An die Hemingwayschule kommen mittlerweile eher leistungsschwächere Kinder mit gering ausgeprägter Lernbereitschaft aus dem ohnehin problembelasteten Einzugsgebiet.
Strukturen und Aktivitäten der inneren Schulentwicklung
- Zu Beginn des BLK-Programms im Frühjahr 2002 bildete sich die „BLK-Steuergruppe“. 2004 konstituierte sich eine weitere Steuergruppe der Schule zur Schulprogrammarbeit. Bei den Aktivitäten beider Steuergruppen gibt es logische Überschneidungen.
- Im Jahr 2003 nahmen wir einen ersten Anlauf der Arbeit an unserem Schulprogramm. Die Erarbeitung und Fortschreibung eines Schulprogramms wird in Sachsen-Anhalt per Erlass empfohlen, ist jedoch noch nicht verpflichtend (vgl. RdErl. des MK vom 14.05.2003 „Entwicklung von Schulprogrammen an allgemein bildenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt“). Mit einer schulinternen Lehrerfortbildung im November 2005 zum Thema Schulprogrammarbeit haben wir einen Neueinstieg gefunden und als unsere Schulentwicklungsschwerpunkte die folgenden festgelegt:
- Gestaltung von Unterricht
- Schülerinnen und Schüler übernehmen stärkere Verantwortung für Gestaltung von Schule
- Stärkung des Schülerrats - Die BLK-Steuergruppe setzt sich aus fünf interessierten Kolleginnen zusammen. Eine Vertreterin der Schulleitung arbeitet - meist als begleitendes Mitglied - mit. Die Verfasserin des Praxisbausteins ist die Sprecherin der BLK-Steuergruppe.
- Die BLK-Steuergruppe versteht ihre Aufgaben in:
- der Planung und Abstimmung der im BLK-Programm geplanten und durchgeführten Aktivitäten und Unterrichtserprobungen,
- der Informationen des Kollegiums in Dienstberatungen,
- der Organisierung von Fortbildungsveranstaltungen für das Kollegium,
- der Multiplikation der Ergebnisse,
- der Zusammenarbeit mit der Projektleitung am Landesinstitut für Lehrerfort- und Weiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen Anhalt (LISA),
- der Teilnahme an Set-Treffen des BLK-Programms und
- dem Erfahrungsaustausch mit anderen Programmschulen. - Für die operative Arbeit im BLK-Programm ist eine BLK-Projektgruppe zuständig. Zu Beginn des Programms im Frühjahr 2002 wurde die Mitarbeit zunächst von acht Lehrkräften getragen, von denen die Mehrzahl bereits sehr projekterfahren war. Fünf von ihnen sind auch Mitglieder der BLK-Steuergruppe.
Voraussetzungen zur Weiterentwicklung des Ansatzes
Initiative und Beschluss zur Weiterentwicklung des Methodentrainings im Rahmen einer Mitarbeit im BLK-Programm
- Die Verfasserin des Praxisbausteins wurde zum Jahresbeginn 2002 initiativ, als sie über Kontakte zum LISA vom Start des BLK-Programms „Demokratie lernen & leben“ erfahren hatte. Sie informierte sich über die genaue Ausschreibung im Schulverwaltungsblatt.
- Nachdem sie das BLK-Programm dem damaligen Schulleiter vorgestellt hatte, der dafür sofort sehr offen gewesen war, wurde es auf einer der nächsten Dienstberatungen der Lehrerinnen und Lehrer und im Rahmen einer Schülerratssitzung im Frühjahr 2002 diskutiert.
- Aus dem Kollegium wurde Interesse an einer Programmmitarbeit signalisiert. In der GK im September 2002 stand der Beschluss, dass sich die Schule als Programmschule bewerben wird. Mit der Eröffnungskonferenz des Projekts im Land Sachsen Anhalt am 1./2. April 2003 wurde die Projektarbeit in der Schule verbindlich.
- Für die engagierten und in diesem Zusammenhang erfahreneren Kolleginnen und Kollegen erschien die Möglichkeit einer Teilnahme wie ein Hilfsangebot für eine andere Gestaltung von Unterricht und für ein Anknüpfen an bisherigen Erfahrungen in der Entwicklung von Methodenkompetenz.
Erfahrungen in der Entwicklung von Methodenkompetenz
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Die Heinrich-Heine-Schule hatte reichhaltige Projekterfahrungen mit der Entwicklung und Erprobung neuer Unterrichtsansätze.
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Durch die Mitarbeit an verschiedenen Programmen des Landes und des Bundes konnte sie bereits über einen mehrjährigen Zeitraum umfassende Ziele sowohl zur Verbesserung der Lehr- und Lernprozesse und als auch zu einer positiven Entwicklung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses verfolgen. Zu derartigen Programmen zählten u. a.: Profilierung der Sekundarschule (1994 - 1998), Einführung der Förderstufe - Schwerpunkt Projektarbeit (1997 - 2000) und Alternative Stundentafel mit fächerverbindendem Unterricht (1997 - 2000).
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Die Profilierung der damaligen Heinrich-Heine-Schule mit der Stärkung der Methodenkompetenz begann 1994 im Modellprogramm „Profilierung der Sekundarschule“. Mit benachteiligten Schülerinnen und Schülern wurden intensiv Methoden und Arbeitstechniken im Unterricht erarbeitet. Die Stärkung der Herausbildung der Methodenkompetenz der Schülerinnen und Schüler wurde damit bereits zum festen Bestandteil des methodischen Konzeptes des Unterrichts in den beteiligten Klassen. Allerdings konnten diese Erfahrungen noch nicht auf die Mehrzahl der Klassen übertragen werden, denn nicht alle Klassen hatten am Modellprogramm mitgearbeitet.
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Von 1997 bis 2000 wurde in den Förderstufen auch projektorientiert gearbeitet.
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Seit 1999 stehen Methoden als verpflichtende Inhalte in den Rahmenrichtlinien (www.rahmenrichtlinien.lsa-net.de) der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer.
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Bei der Entwicklung des Ansatzes innerhalb des BLK-Programms seit 2002 - der Weiterentwicklung des Methodentrainings zur selbstständigen Methodenanwendung - wurde auf diesen bereits gewachsenen Traditionen der Heinrich-Heine-Schule aufgebaut (z. B. Einführungswoche Methodentraining, fächerübergreifendes Arbeiten).
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Diese positiven Entwicklungen konnten durch die Schulfusionen und die damit verbundenen personellen Veränderungen nicht in gleichem Maße fortgesetzt werden. Ausgangsniveau und Akzeptanz sind bei Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern derzeit (Schuljahr 2005/06) im Vergleich zum Projektbeginn im Schuljahr 2002/03 geringer. Zwar werden die Ziele weiter verfolgt, doch ist die Umsetzung aufgrund der veränderten Bedingungen schwieriger geworden.
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Der Einstieg und Prozessverlauf des BLK-Programms haben uns vielfältige Möglichkeiten geboten, durch SchiLF-Veranstaltungen die unterschiedlichen Interessen und spezifischen Kompetenzausprägungen des sich immer wieder verändernden Kollegiums aufzufangen (siehe Punkt 3.1 Fortbildungen).
Die Einstiegsphase in das BLK-Programm an der Schule
- Vor dem Beschluss der GK wurde das BLK-Programm von der BLK-Steuergruppe in Dienstberatungen, im Schülerrat und im Elternrat vorgestellt und dargelegt, wie die gestellten Ziele erreicht werden können und in welcher Schrittfolge dies geschehen sollte:
1. Einführungswoche Methodentraining und Erprobung von Unterrichtseinheiten mit sozialwissenschaftlichen Methoden
2. wiederholte Erprobung der Unterrichtseinheiten in der weiterführenden Klassenstufe
3. Schülerinnen und Schüler wenden Methoden selbstständig auf neue problemorientierte Aufgaben an. - Für jedes Projektjahr - vom ersten Erprobungsjahr 2002/03 bis zum dritten Erprobungsjahr des BLK-Programms 2005/06 - wurden zur Konkretisierung der Vorhaben mit der Projektleitung am LISA Zielvereinbarungen geschlossen. Sie enthalten inhaltliche Schwerpunkte und Verantwortlichkeiten der Schule und der Projektleitung am LISA (Arbeits- und Zeitplan).
- Um den ansatzbezogenen Fortbildungsbedarf der Lehrkräfte zu ermitteln, wurden die Kolleginnen und Kollegen nach ihren diesbezüglichen Interessen befragt.
Bestandsaufnahme und Konsequenzen für die Arbeit der BLK-Projektgruppe
- Im Juni 2002 - wenige Monate vor Beginn des BLK-Programms - wurde von einigen Kolleginnen und Kollegen im Auftrag der Schulleitung eine Befragung mit Schülern, Eltern und Lehrern zu Sachverhalten des Schulalltags mit vergleichbaren Fragen entwickelt und durchgeführt. Jede Lehrkraft erhielt einen Lehrerfragebogen mit der Bitte um Bearbeitung. Nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Klassen jeder Klassenstufe erhielten ebenfalls Fragebögen. Die Schülerinnen und Schüler bearbeiteten die Schülerfragebögen innerhalb einer Unterrichtsstunde. Bei einem Schulfest wurden Eltern entsprechend befragt. Es sollte damit ermittelt werden, wie die Befragten die Schule sehen und erleben. Die Ergebnisse der Befragung wurden gemeinsam in einer Dienstberatung, in einer Schülerratssitzung und in Elternversammlungen ausgewertet und interpretiert (Fragebogen).
- Die Auswertung verdeutlichte eine sehr divergierende Sichtweise der befragten schulischen Akteursgruppen auf die verschiedenen Sachverhalte.
- Sie führte im Kollegium zur Schlussfolgerung, dass die Schülerinnen und Schüler verstärkt in die Gestaltung von Unterricht einbezogen werden sollten. Damit war die Notwendigkeit gegeben, mehr über Unterricht zu sprechen und neue Ansätze für guten Unterricht zu entwickeln. Daran wollten wir im BLK-Programm anknüpfen.
- Die Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer allerdings fand eine persönliche Erklärung für Unterschiede in der Sichtweise der Befragungsgruppen und rechtfertigt sich mit administrativen Zwängen, wie den geltenden RRL vor veränderten Unterrichtsformen. Hier kamen Befürchtungen und ggf. Unsicherheiten gegenüber einer stärkeren Einbeziehung von Schülerinnen und Schülern in die Gestaltung und Planung von Unterricht zum Ausdruck.
Ressourcen
- Finanzierung bzw. Organisation von zahlreichen Fortbildungsangeboten durch das BLK-Programm
- Finanzielle Unterstützung durch das BLK-Programm für die Anschaffung von Materialien, wie Bücher, Moderationsmaterial, Unterrichtsmaterial für kooperative Lernformen sowie für Exkursionen der Schülerinnen und Schüler
- Erfahrungsaustausch mit anderen Programmschulen.