Sozialtraining „Gewaltfreies Miteinander“ an einer beruflichen Schule (Hessen)
Voraussetzungen für die Einführung bzw. Durchführung
Welche Bedingungen wurden vor der Einführung geschaffen?
Anstoß und Wegbereiter
Zur Erarbeitung von Maßnahmen zur Gewaltprävention und -intervention hatte sich aus der Gesamtkonferenz eine Projektsteuergruppe gebildet. Diese war zeitweilig mit elf Kolleginnen und Kollegen besetzt, darunter auch zwei Mitglieder der Schulleitung. Die Steuergruppe koordinierte sämtliche Ansätze, neben dem hier beschriebenen Projekt „Sozialtraining“ u. a. auch noch ein Projekt „Mediation“.
Den Anstoß zur Entwicklung des „Sozialtrainings“ gaben vier Kolleginnen und Kollegen, die ihre eigenen Überlegungen zur Gewaltprävention von der Idee, die eine Kollegin von einer Fortbildung mitbrachte, bestätigt sahen. Das von dieser Vierergruppe erarbeitete Konzept „Sozialtraining“ wurde dann auf einer Gesamtkonferenz vorgestellt und fand dort große Resonanz und Unterstützung.
Das Sozialtraining ist ein Baustein der Arbeit der SDS an den Themenbereichen Gewaltprävention und Konfliktbearbeitung. Es ging für die Schule darum, einen anderen Blick auf das Thema zu entwickeln und einen anderen Umgang mit Konflikten und Gewalt im Schulalltag zu fördern. Über 40 der ca. 105 Kolleginnen und Kollegen besuchten Fortbildungen vor allem zum Themenbereich Mediation / konstruktive Konfliktbearbeitung. Dies bildete eine wichtige Grundlage, sich diesen Themen im Unterricht intensiver anzunehmen, sowohl in einem aufmerksamen und kompetenten Umgang mit Konflikten und Gewalt als auch in der Entwicklung von Unterrichtselementen zur Teambildung, zur Förderung der Kommunikationskultur und zur Entwicklung von Peer Learning. Daraus ergab sich insgesamt eine breite inhaltliche und organisatorische Akzeptanz des Sozialtrainings als wichtigen Bestandteil der Arbeit der Schule an den genannten Themenbereichen.
Die demokratische, partnerschaftliche Vorgehensweise der Projektsteuergruppe und die Einbindung der Schulleitung waren für die Entwicklung und Einführung des „Sozialtrainings“ von großem Vorteil. Die Schulleitung unterstützte das Projekt von Anfang an und gewährte der Projektsteuergruppe einen weiten Handlungsspielraum. Durch die Einbindung in das BLK-Programm stand die Ein- bzw. Durchführung des Projekts dann auf einem guten Fundament. Dazu haben vor allem die Bereitstellung von Mitteln für Fortbildungen, externe Begleitung und die Unterstützung durch das Kollegium auf Grund der hohen Akzeptanz der Arbeit des schulischen BLK-Projekts insgesamt beigetragen.
Pilotphase
Für die Pilotphase wurden zwei Vollzeitklassen (Fachoberschule und zweijährige Berufsfachschule) für die Durchführung des Projekttags vom Unterricht freigestellt. Das Projekt sollte immer von zwei Personen moderiert werden, nach Möglichkeit einer Frau und einem Mann. Eine der Personen sollte immer auch in der Klasse unterrichten, d.h. sie sollte die Klasse, ihre spezielle Situation und einzelne Schülerinnen und Schüler kennen. Dabei muss es sich aber nicht zwingend um die Klassenlehrkraft handeln.
Vor dem Pilot-Projekttag führte die Projektleitung mit der Klassenleitung jeder der beiden Klassen ein Vorgespräch. Darin wurde die Klassensituation thematisiert, aber auch die besondere Situation – wie z.B. Außenseiterstellung - und emotionale Befindlichkeit einzelner Schülerinnen und Schüler angesprochen. Diese Erkenntnisse wurden bei der Auswahl der Übungen für den Projekttag und bei der Durchführung berücksichtigt. Die Moderationsmaterialien, die sich dann abgestimmt für jede Klasse nach dem Vorgespräch ergaben, wurden für jede der beiden Klassen von der Projektleitung zusammengestellt. Das Programm für den Projekttag „Sozialtraining“ wurde anschließend in beiden Klassen von zwei Lehrkräften durchgeführt, während zwei weitere Kolleginnen und Kollegen hospitierten. Die Erfahrungen aus der Pilotphase wurden mehrfach gemeinsam reflektiert. Danach wurde das endgültige Programm für den Projekttag festgelegt.
Unterstützung durch die Schulleitung
Die Schulleitung stellte die Lehrkräfte, die das Konzept entwickelt hatten, für die Erprobung in den Pilotklassen frei. Sie genehmigte auch die Freistellung der beiden Pilotklassen vom Unterricht und sorgte dafür, dass die vom Unterrichtswegfall betroffenen Kolleginnen und Kollegen andere Aufgaben übernehmen konnten. Sie ermöglichte auch die Bereitstellung der für die Durchführung des Projekts notwendigen Räume.
Schulinterne Lehrerfortbildung
Nach der erfolgreichen Umsetzung der Pilotphase lud die Projektleitung im schulischen Intranet, auf dem Schwarzen Brett und durch persönliche Ansprache zu einer schulinternen sechsstündigen Lehrerfortbildung ein, die sie selbst leitete und an der 24 Kolleginnen und Kollegen teilnahmen. Dies bestätigte das große Interesse und die Akzeptanz des Programms.
Ziel dieser Fortbildung war:
- das Projekt konkret vorzustellen,
- weitere Kolleginnen und Kollegen einzubeziehen und
- sie zu befähigen, wiederum als Multiplikatoren mit weiteren Kolleginnen und Kollegen in ihren Klassen zu arbeiten.
Die Fortbildung war handlungsorientiert konzipiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten alle Übungen des Sozialtrainings für die Schülerinnen und Schüler selbst ausprobieren. Organisation und Ablauf dieser Fortbildung entsprach dem Ablauf des Projekttages, den sie dann in den Klassen mit ihren Schülerinnen und Schülern durchführen sollten.
Außerschulische Kooperationspartner
Als außerschulischer Kooperationspartner stand bei Bedarf die AG Jaguar zur Verfügung. Die AG Jaguar ist eine Fachdienststelle der Polizei Wiesbaden ausschließlich für Kinder- und Jugendkriminalität. Der Name „Jaguar“ ist dabei Programm, er steht für „Jugendliche Aggressive Gruppen – Untersuchungen alterstypischer Rechtsbrüche“. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Polizeigruppe ermitteln nicht nur bei Straftaten Jugendlicher. Sie bieten sich auch als Ansprechpartner bei allen Fragen und Problemen rund um die Kinder- und Jugendkriminalität an und kommen auf Anforderung zu Vorträgen und Gesprächen in die Schulen. Für ergänzende Informationen zum Thema Gewalt wurden die Pilotveranstaltungen durch einen Gespräch mit Mitgliedern der AG Jaguar abgerundet. Dabei ging es neben der Darstellung von Waffen, die Jugendliche verwenden, um die Diskussion von Interventionsmöglichkeiten bei Gewaltvorfällen.