Diese Seite wird nicht mehr aktualisiert

BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Koedukation – ja oder nein?

Materialien

Gender und demokratische Schule

Koedukation – ja oder nein?

Mit dem Aufgreifen solcher Fragen wurde die Debatte um die in den 1960er Jahren in der BRD eingeführte Koedukation von Jungen und Mädchen wiederbelebt. So gibt es durchaus Befürworter/-innen von (teilweise erteiltem) monoedukativem Unterricht, bei dem Schüler/-innen nach Geschlecht getrennt unterrichtet werden.

Karin Kroll (2001) lehnt im Vorwort ihrer qualitativen Untersuchung von weiblichen Kommunikations- und Interaktionsformen die Trennung der Gruppe in Jungen und Mädchen ab, weil es in einer Demokratie gerade darum geht, mit „dem Fremden" ins Gespräch zu kommen und voneinander zu lernen.

Theoretische Annahmen, die die Bipolarität der Geschlechter in Frage stellen, stützen diesen Einwand. „Die geschlechtliche Natur des Menschen weist mehr Varianten auf als nur zwei Gruppen von jeweils gleich konstruierten Männern und Frauen" (POLIS, Richter 2004: 9). Dieser Einwand von Richter will verdeutlichen, dass es weder biologisch noch kulturell DIE Frau oder DEN Mann gibt. Einige Menschen bekommen beispielsweise durch Familie oder Umfeld ein Geschlecht zugeschrieben, mit dem sie sich nicht identifizieren können oder leben mit einem Körper, der keine eindeutigen biologischen Geschlechtsmerkmale aufweist. Für sie ergibt sich Tag täglich die Frage, welches Geschlecht auf Formularen anzukreuzen, welche Umziehkabine im Schwimmbad zu benutzen sei und wie sie in dieser nach zwei Geschlechtern unterteilten Wirklichkeit ihre Identität finden und leben können. Mit dem Prozess der Ich-Findung sind Menschen im besonderen in ihrer Lebensphase als Jugendliche konfrontiert. Hier sollte Schule durch das Aufteilen einer Klasse in zwei nach Geschlecht getrennten Gruppen nicht noch zusätzlich Steine in den Weg rollen, sondern Brücken bauen.

Faulstich-Wieland et al. warnen vor einer Pauschalisierung von Erfahrungen zu mono- oder koedukativem Unterricht und betonen, dass mittlerweile empirische Studien vorliegen, „die keineswegs eindeutige Erkenntnisse zugunsten von Geschlechtertrennung oder Koedukation erbringen" (Faulstich-Wieland et al. 2004:14).

top