Mediation und demokratische Schulkultur
Mediation in der Schule
Die Ideen konstruktiver Konfliktbearbeitung, wie sie in den USA und anderen angelsächsischen Ländern auch für die Schule entwickelt wurden, kamen Anfang der 90er Jahre nach Deutschland und wurden zunächst insbesondere in Berlin unter dem Begriff „Konfliktlotsen“ verbreitet. Später entwickelten sich zunächst weitere Modelle in Hessen und NRW. Ausgangspunkt in Hessen, wo von Anfang an ein systemischer Ansatz verfolgt wurde, war das von Kurt Faller initiierte Offenbacher Modellprojekt, auf dem das Programm „Mediation und Schulprogramm“ aufbaut.
Hintergrund für die Mediationsprogramme in Schule war und ist, dass es eine Menge Konflikte gibt, die das Lernen erheblich beeinträchtigen und die Erfahrung, dass insbesondere Lehrkräfte in ihrer Ausbildung und Praxis eine Haltung einnehmen, die die „Schuldigen“ sofort identifiziert und die Lösungen für die Betroffenen findet. Insofern geht es bei der Mediation in der Schule darum, Kinder und Jugendliche aktiv zu beteiligen. Wenn dies geschieht, können Heranwachsende durch eine Klärung, die sich an den Bedürfnissen der Konfliktbeteiligten orientiert, aus dem Prozess gestärkt herausgehen und über den einzelnen Konfliktfall hinausgehend etwas lernen.
Da die Grundideen konstruktiver Konfliktbearbeitung – ein positives Konfliktverständnis, Verantwortungsübernahme anstelle von Klärung der Schuldfrage sowie die Ermittlung von Bedürfnissen bei gleichzeitigem Verzicht auf dem „Beharren“ auf Positionen – nicht selbstverständlich gegeben sind, müssen alle Mitglieder der Schulgemeinde diese erst kennen lernen und üben. Gerade für Lehrkräfte stellt dies zunächst eine Herausforderung dar, da ihre Lehrerrolle ansonsten eben gerade Bewertungen von ihnen verlangt. Daher ist das Training der Lehrkräfte besonders wichtig, weil dadurch eine generelle Veränderung der Haltung „vom Schiedsrichter zum Vermittler“ ermöglicht werden kann.
Das hessische Modell „Mediation und Schulprogramm“ bietet im Rahmen seines systemischen Ansatzes vielfältige Angebote, die Schülerschaft selbst an der Lösungsfindung zu beteiligen und den Jungen und Mädchen zunehmend die Regie über die Konfliktklärung zu überlassen. Dies passiert sowohl im Rahmen der Klassentrainings (Eingangs- und Sensibilisierungsprogramm) als auch im Rahmen der mancherorts praktizierten Peer-Mediation.
Die Mediationshaltung einzunehmen erfordert für die Lehrkräfte und die Schüler einen längeren Reflexionsprozess, der in der Regel durch Feedback im Rollenspiel erlernt wird. Neben der Haltungsänderung bedeutet die konsequente Einführung von Mediation in Schule so auch eine Kulturveränderung in der Klasse und langfristig in der gesamten Schule. Für die SchülerInnen bedeutet die Mediation, dass sie als Konfliktbeteiligte ernst genommen werden und selbst nach Lösungen suchen. Die Grundüberzeugung von Mediation ist, dass Lösungen, die von den Beteiligten selbst erarbeitet und dann auch mit Überzeugung angenommen wurden, am haltbarsten sind.