Selbstevaluation mittels Beobachtungen
Grundstrukturen des Beobachtens
Beobachtungen können auf unterschiedlich strukturierte Art und Weise durchgeführt werden. Welche der verschiedenen Formen für Sie die richtige ist, entscheidet sich zum einen nach der Fragestellung, die Sie dabei interessiert; aber natürlich spielt zum anderen auch die zur Verfügung stehende Zeit eine Rolle. Die folgende Übersicht über die drei wichtigsten Strukturierungsmöglichkeiten soll Ihnen helfen, die für Sie jeweils richtige Beobachtungsform zu finden.
Ganz am Anfang steht zunächst die Frage, wie stark standardisiert die Beobachtung sein soll. Wie bei Fragebögen lässt sich auch bei Beobachtungen zunächst zwischen quantitativen und qualitativen Erhebungen unterscheiden. Bei stark standardisierten, quantitativen (manchmal auch systematisch genannten) Beobachtungen wird die Häufigkeit des Auftretens bestimmter, zuvor definierter Verhaltensweisen beobachtet. Bei einer Beobachtung zur Diskussionskultur in einer Klasse könnte so z.B. beobachtet werden, wie häufig es geschieht, dass andere ausreden können oder unterbrochen werden, wie oft auf einen Gesprächsbeitrag positiv oder negativ reagiert wird, ob es dabei jeweils eher laut wird oder ruhig bleibt etc.
Qualitative (manchmal auch offen genannte) Beobachtungen zielen demgegenüber darauf ab, das zu beobachtende Verhalten von Personen sprachlich zu beschreiben. Auch hierbei wird, allerdings weniger konkret, zuvor festgelegt, was beobachtet werden soll. So kann man frei z.B. beobachten, wie die Schüler/-innen einer Klasse im Verlauf von Gruppenarbeitsphasen miteinander umgehen und dabei die Aufmerksamkeit flexibel auf besondere Auffälligkeiten richten.
Eine zweite wichtige Entscheidung vor der Durchführung einer Beobachtung betrifft die Frage, von wem die Beobachtung durchgeführt wird. Beobachtungen lassen sich entweder von Personen, die selbst am zu beobachtenden Geschehen aktiv beteiligt sind oder von außenstehenden Personen realisieren. Im ersten Fall spricht man von teilnehmender, im zweiten von nicht-teilnehmender Beobachtung. Beide Formen haben jeweils etwas für sich. Teilnehmende Beobachter/-innen, also etwa unterrichtende Lehrer/-innen oder unterrichtete Schüler/-innen, erleben und gestalten das zu beobachtende Geschehen mit und haben insofern einen eigenen, sehr direkten Zugang dazu, der zu Ergebnissen führt, die man selbst gut interpretieren kann. Selbstredend sind die Beobachtungskapazitäten eines teilnehmenden gegenüber denjenigen eines nicht-teilnehmenden Beobachters stark begrenzt. Ausführlichere, differenziertere Beobachtungen können nur von nicht-teilnehmenden Beobachter/-innen, also wohlwollenden Kolleg/-innen oder, was auch sehr interessant sein kann, von Schüler/-innen aus anderen Klassen, geleistet werden.
Drittens ist methodisch wie moralisch noch zu beachten, ob die Beobachtung offen oder verdeckt, also mit oder ohne Wissen bzw. auch Zustimmung der beobachteten Personen erfolgen soll. Insbesondere Unterrichtsbeobachtungen lassen sich zwar meistens nicht in dem Sinn verdeckt durchführen, dass Beobachter/-innen unerkannt bleiben. Doch stellt sich immerhin die Frage, ob diejenigen, die beobachtet werden, über das Thema der Beobachtung aufgeklärt werden sollen. Bei der Offenlegung des Themas kann es geschehen, dass sich das Verhalten, das sich sonst üblicherweise zeigt und das man eigentlich beobachten will, zu stark verändert. Wohingegen hinsichtlich einer verdeckten Beobachtung jeweils beurteilt werden muss, ob sie moralisch vertretbar ist oder auch nur von den betroffenen Personen im Nachhinein akzeptiert werden wird. Letzteres ist besonders auch deshalb wichtig, weil die Beobachtungsergebnisse in jedem Fall später transparent gemacht und fair miteinander besprochen werden sollten.