Klassen- und Schulsprecherqualifizierung als zentrales Element einer demokratischen Schulkultur (Hamburg)
Durchführung bzw. Ablauf (inkl. Verantwortlichkeiten)
Welche Schritte kennzeichnen die Durchführung?
Durchführung
Mit Beginn der Teilnahme am BLK-DLL-Programm setzte sich die Schule deshalb zunächst das Ziel, den Klassenrat – ausgehend von den vorhandenen Erfahrungen – schrittweise in allen Klassen (5 – 10) einzuführen. Zunächst galt es, den Klassenrat in der 5. und 8. Klasse auf die jeweils gesamte Stufe auszuweiten. Daher wurden für das Schuljahr 03/04 alle Klassenlehrer dieser Stufen durch den Demokratiegruppen-Sprecher der Schule mit dem Konzept des Klassenrats vertraut gemacht. Die Durchführung für die ersten Jahrgänge wurde begleitend evaluiert:
Mit dem Klassenrat beginnen
Anregungen für den Klassenrat ab Jahrgang 8
Lehrerängste und –hoffnungen
Fragebogen für SchülerInnen
Dabei konnte folgendes festgestellt werden: In den jetzt regelmäßig (inzwischen in ca. 60 % der Klassen) in den Tutorenstunden durchgeführten Klassenratssitzungen wurde deutlich, dass die Qualität der Schülerratssitzungen und die Kommunikation zwischen dem Schülerrat und den Klassen in hohem Maße verbesserungsdürftig war, da – wie der Demokratiegruppensprecher es formuliert – die Schüler "ihre Funktionsrolle nicht beherrschten". Dies äußerte sich vor allem darin, dass sie oft nicht wussten, "was sie auf den Schülerratssitzungen tun sollten", und die Klassensprecher häufig nur unklare Rückmeldungen und Aufträge an ihre Klassen überbringen konnten. Auch umgekehrt – von den Klassen zum Schülerrat – kam kaum ein folgenreicher Transfer von Interessenartikulation zustande. Es wurde klar, dass eine Verbesserung in der Nutzung der Schülergremien nur erreicht werden konnte, wenn die Klassen- und Schulsprecher besser auf ihr Amt vorbereitet würden.
Das Angebot des BLK-Kooperationspartners IKM für ein entsprechendes Qualifizierungsseminar passte zu dieser Problemlage und wurde deshalb sofort aufgegriffen. Der erste Workshop mit einem (außerschulischen) Trainer des IKM fand mit insgesamt 27 Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus den 8. – 10. Klassen im September 2003 statt (vgl. Ablauf des dreitägigen Qualifizierungsseminars). Auch im darauf folgenden Schuljahr wurden die neuen Klassen- und Schulsprecher durch die Mitarbeiter des IKM ausgebildet und die Teilnehmer des ersten Durchgangs besuchten das "Verstärkerseminar" (vgl. unten). Über den ersten Durchgang gibt es einen Schülerbericht auf der Homepage der Schule unter Projekte, "Demokratie lernen & leben".
Der nächste Schritt der Implementierung erfolgte im Schuljahr 04/05 durch die interne Qualifizierung von Lehrern zu Moderatoren für die Schülersprecher-Ausbildung. Der dritte Durchgang wurde danach schon mit "Bordmitteln" finanziert. Dabei geht es nicht nur um die Kosteneinsparung, weil die Schule das Training nicht mehr beim IKM "kaufen" muss. Diese Maßnahme hilft auch bei der Traditionsbildung und Institutionalisierung des Seminars als Bestandteil des Schulcurriculums.
Jetzt trat eine noch ungefüllte Lücke ins Bewusstsein der mit Gremienarbeit befassten SchülerInnen und LehrerInnen: Die qualifizierten Schülersprecher wachsen nach nur wenigen Jahren Tätigkeit mit dem Abschluss der 10. Klasse vor den Sommerferien aus der Schule hinaus, und die neuen Sprecher werden erst nach ihrer Wahl im August/September des nächsten Schuljahres in einem neuen Seminar für ihre Aufgabe geschult. Dadurch können die konkreten Erfahrungen der Ehemaligen nicht in die Ausbildung der Neuen einfließen. Der Vorschlag eines Brückenseminars von Seiten des BLK-Schülerberatungsteams kam an dieser Stelle wie gerufen: Noch im alten Schuljahr findet kurz vor den Sommerferien ein Seminar statt, an dem SchülerInnen, die sich für die Übernahme einer Gremienfunktion interessieren, mit den noch amtierenden SprecherInnen zusammentreffen.
Mit dem Brückenseminar ist das Qualifikationscurriculum komplett und der Anschluss an die nächste Generation von Schülersprechern hergestellt (vgl. Überblick über das Jahreskonzept).
Für die innerschulische Steuerung des hier geschilderten komplexen Prozesses der Entwicklung einer demokratischen Schulkultur ist eine langfristig arbeitende Konzeptgruppe notwendig. In ihr sollten auf jeden Fall die Schulleitung und demokratieaktive LehrerInnen vertreten sein. Auf Seiten der Lehrer ist wünschenswert, dass die für eine Schuldemokratie besonders wichtigen Funktionen vertreten sind: Verbindungslehrer und Beratungslehrer. Darüber hinaus und zunehmend gleichberechtigt sollten gewählte Schüler- und Elternvertreter ständig in dieser Konzeptgruppe mitarbeiten. Die hier umrissene Aufgabe hat in der Gesamtschule Süderelbe während der bisherigen Laufzeit des BLK-Programms die so genannte Demokratiegruppe übernommen. Diese hat z.B. dafür gesorgt, dass alle hier angesprochenen Elemente in der Lehrerkonferenz mit einer deutlichen Mehrheit beschlossen und in den übrigen Gremien der Schule (Elternrat, Schülerrat, Schulkonferenz) zustimmend zur Kenntnis genommen wurden.
Die Instrumente im Einzelnen
Im Klassenrat besprechen die Schülerinnen und Schüler ihre Probleme – sowohl die Konflikte untereinander als auch diejenigen zwischen Schülern und Lehrern – sowie ihre Wünsche bezüglich des Unterrichts und des Schullebens. Als regelmäßiges Ereignis, das wöchentlich stattfindet, ist der Klassenrat nicht nur geeignet, Schülerprobleme oder -bedürfnisse zur Sprache zu bringen und gemeinsam zu lösen bzw. zu erfüllen, sondern dabei auch personale und soziale Kompetenzen zu entwickeln. Der Klassenrat kann sogar zum Ausgangspunkt weit reichender Schülerinitiativen werden, die die gesamte Schulgemeinde betreffen. Ausführlich wird das Konzept des Klassenrats auf der BLK-Demokratie lernen & leben-Website beschrieben:
http://www.blk-demokratie.de/materialien/demokratiebausteine/
programmthemen/klassenrat/
Die Klassen- und Schulsprecherqualifizierung als Kernstück der Innovation erfolgte nach dem Konzept und anfangs unter Anleitung durch Mitarbeiter des Institut(s) für Konfliktaustragung & Mediation e.V. (IKM) http://www.ikm-hamburg.de/.
Das Angebot des Instituts versteht sich als
"ein Kommunikations- und Redetraining für die Interessenvertretung der Schülerinnen und Schüler zum Aufbau der Demokratiefähigkeit. Das Training soll die Kommunikation, Redefähigkeit und Strategieentwicklung der Schüler/innen aufbauen und unterstützen. (...) Mit Schüler/innen, die in der Kommunikation und der freien Rede stärker werden, kann eine Schule die Meinungen der Schüler/innen besser aufnehmen und in gemeinsame Ziele umsetzen. Mit dem Training (...) steigt das Potential, dass die Schülerschaft sich stärker organisiert und dann auch spürt, dass ihre Ideen Wirkung entfalten."
Die Klassen- und Schulsprecherqualifizierung besteht aus drei Elementen,
- dem dreitägigen Haupt-Seminar mit Redetraining und Informationen über Schülerrechte und Möglichkeiten der gesetzlichen Schülervertretung
- dem Verstärkerseminar 3-4 Monate nach dem ersten Seminar, bei dem die Teilnehmer sich – wieder unter Moderation von außen – über ihre ersten Erfahrungen als SprecherInnen austauschen und erweiterte Perspektiven gewinnen können
- dem Brückenseminar.
Das Brückenseminar ist eine Erfindung zur Weitergabe von Erfahrungen und Kompetenzen der Schülervertreter an der GS Süderelbe, die im nächsten Schuljahr ausscheiden werden, an die Kandidaten oder möglichen Kandidaten der Schülergremienwahlen des nachfolgenden Schuljahres. Die erfahrenen und geschulten Gremienvertreter nehmen gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern, die sich für ein Sprecheramt interessieren – also den potenziellen neuen Gremienvertretern – sowie mit dem Verbindungslehrer vor den Sommerferien an einem Seminar zur Klassensprecherschulung teil, das von ModeratorInnen des Projekts Schüler-Schule-Mitbestimmung (SSM) geleitet wird, einem Gemeinschaftsprojekt des Landesinstituts Hamburg, der SchülerInnenkammer Hamburg und des SchülerInformationszentrums Hamburg: http://www.skh.de/fortbildungen/index.htm
Die Streitschlichter-Ausbildung wird von zwei Lehrerinnen (der Beratungslehrerin und einer Moderatorin für die Ausbildung von Klassensprechern) durchgeführt. Die Website der Schule hat unter dem Menuepunkt Projekte eine eigene Ausbildungsbeschreibung:
"Die Idee dieses Programms, das Schülern soziale Kompetenz und eigene Fähigkeiten des Streitschlichtens vermitteln soll, wird auch Mediation genannt und wird seit ungefähr 12 Jahren, beginnend in den USA in Schulen angewandt. Hierbei vermittelt ein neutraler Schüler als Schlichter zwischen zwei Parteien, die einen Konflikt gemeinsam lösen wollen. Dabei ist der Weg natürlich schon das Ziel..."
Die Jugendgruppenleiter-Ausbildung wurde und wird weiterhin von zwei langjährigen Mitarbeitern der örtlichen Kirchengemeinde durchgeführt. Die Ausbildung und die Zertifizierung mit der Jugendgruppenleitercard (kurz: Juleica) ist bundesweit geregelt. Ausbildungsanbieter sind Sportvereine, kirchliche Einrichtungen, der Arbeiter-Samariter-Bund, das DRK und viele andere mehr. Über die Ausbildung, die dort zu erwerbenden Kompetenzen und die mit der Juleica zertifizierten Befugnisse kann man sich z.B. hier informieren: http://www.juleica.de/index.php?meid=34.
Zur innerschulischen Umsetzung vgl. Jugendgruppenleiter-Angebot
Jugendgruppenleiter-Einsatz.