Politik vor Ort (Rheinland-Pfalz)
Zwischenbilanz
Welche Erfahrungen liegen bisher vor? Welche Folgen haben sich ergeben?
Schule
Grundsätzlich ist das Feedback aller Beteiligten sehr positiv. So würden ca. 90% der Schülerinnen und Schüler nach eigener Aussage sofort wieder an einem solchen Projekt teilnehmen. Auch von Seiten der beteiligten Kolleginnen und Kollegen ist die Resonanz sehr positiv. Durch die unterschiedlichen Methoden gelingt es, fast alle Schülerinnen und Schüler anzusprechen und sie so wesentlich besser für politische Abläufe zu sensibilisieren, als dies in einem einstündigen Fachunterricht oder im Schulalltag möglich ist.
Da die Nachhaltigkeit eines für die jeweilige Schülergruppe einmaligen Projektes naturgemäß begrenzt ist, finden Überlegungen statt, parallel dazu die partizipative Unterrichts- und Schulkultur auszubauen und zu verbessern. Auf einer Dienstbesprechung mit dem Thema „Partizipation von Schülerinnen und Schülern an der BBS Bingen“ wurden deshalb partizipative Modelle besprochen, deren Einführung ab dem Schuljahr 2006/2007 geplant ist. Angedacht wurde, dass z. B. in allen Schulformen ein „Klassenrat“ eingeführt werden könnte, aus dem sich dann „Schulformparlamente“ (z. B. für die Klassen der Berufsfachschule I und II, für die Höheren Berufsfachschulklassen und die Klassen der Berufsoberschulen) entwickeln könnten. Da in den Berufsschulklassen regelmäßige Lernortkooperationssitzungen stattfinden, wäre es wünschenswert und denkbar diese mit den Schülerinnen und Schülern (Auszubildenden) gemeinsam durchzuführen. Angestrebtes Schulentwicklungsziel wäre dann die Einrichtung eines „Schulparlaments“, in dem alle am Schulleben Beteiligten (Schülerinnen und Schüler, Ausbildungsbetriebe, Eltern und Lehrer) vertreten sind.
Trotz der o. g. schwierigen Rahmenbedingungen einer berufsbildenden Schule darf angenommen werden, dass die Kombination aus Weiterentwicklung partizipativer Schul- und Unterrichtskultur und Praxisprojekt „Politik vor Ort“ als Basiselement einen effektiven Beitrag zur Weiterentwicklung einer demokratischen Schule leisten kann.
Ausbildungsbetriebe
Auch die beteiligten Ausbildungsunternehmen sind von diesem Projekt überzeugt, da hier ihren Auszubildenden die Möglichkeit geboten wird, die Bedeutung politischer Abläufe nicht nur für den persönlichen Bereich, sondern auch und gerade für das eigene Unternehmen zu erfahren. Das Erkennen der Interdependenzen zwischen dem Unternehmen und Behörden der kommunalen Verwaltung wird als wesentliche Voraussetzung gesehen, um aus Auszubildenden selbstständige und im politisch-gesellschaftlichen Sinne „mündige“ Mitarbeiter eines modernen Unternehmens zu machen. Damit nehmen die Betriebe einerseits eine gesellschaftliche Aufgabe wahr, ziehen aber andererseits auch selbst Nutzen daraus, da mündige Mitarbeiter mit Kompetenzen wie Selbstverantwortung, Selbstbestimmung und Wahrnehmung partizipativer Möglichkeiten auch ein entsprechendes Verständnisniveau im beruflichen Bereich erwarten lassen.
Kommunale Partner
Die Partner aus der kommunalen Verwaltung ziehen ebenfalls ein sehr positives Resümee. So wird die Überzeugung geäußert, dass dieses Projekt im Bereich Öffentlichkeitsarbeit für die kommunale Verwaltung eine wichtige Rolle spielt, die nicht etwa lästige Pflicht ("Störung der Routine"), sondern im Gegenteil als vorrangige Aufgabe zu verstehen ist. Die Sensibilisierung Jugendlicher für die demokratischen Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung der Lebensverhältnisse vor Ort kann darüber hinaus auch einen wichtigen Beitrag zur Gewaltprävention leisten (Vermeidung von Ohnmachtsgefühl oder so genannter „aggressiver Langeweile“).
Auch von den kommunalen Partnern wird gewünscht, dass ein solches Projekt kontinuierlich wiederholt wird. Außerdem wird angeregt, dass sich Schulen miteinander vernetzen sollten oder - wie in diesem BLK-Modellprogramm praktiziert - dass exemplarische Erfahrungen im Netz für andere nutzbar gemacht werden, um eine gewisse Nachhaltigkeit bzw. Flächenwirkung zu erzielen.