Prozessdarstellung zur Entstehung eines Friedenszimmers (Freistaat Sachsen)
Kontext, Begründungen, Ziele
Warum und vor welchem Hintergrund ist der Baustein eingeführt worden?
Politik & Demokratie - Wir mischen uns ein!
Im Vordergrund unseres Projektes steht die Einrichtung und Etablierung eines Raumes, welcher sich an den Wertvorstellungen der in unserer Evangelischen Montessori-Grundschule lernenden und lebenden Grundschulkinder und der Pädagogen orientiert. Er soll unter anderem der Konflikt- und Streitschlichtung zwischen allen Beteiligtengruppen dienen.
Das Erziehungsziel an unserer Schule ist die ganzheitliche freie Entfaltung der Kinder zu lebensfrohen und lebenstüchtigen Menschen. Das Lernen und Erleben in unserem Schulalltag spricht alle Sinne an und erfolgt über Kopf, Herz und Hand. Das erfordert einerseits die Förderung der individuellen Entwicklung von Empfindung und Wahrnehmung, der Ausdrucksfähigkeit und der Begabungen eines jeden Einzelnen. Andererseits ist die Förderung der sozialen Entwicklung, der Kommunikations-, Konflikt- und Kritikfähigkeit sowie der Fähigkeit zur Nächstenliebe und Toleranz äußerst wichtig.
Unsere Schule steht allen Kindern offen, unabhängig von ihrer ethnischen oder sozialen Herkunft und ihrer religiös-weltanschaulichen Prägung.
Unser Schulalltag ist dadurch geprägt, dass es altersangemessene Formen von Partizipationen gibt, um die Umsetzung unseres Erziehungsziels vor allem durch die Kinder voran zu treiben. Unser Leitbild, die Montessori-Pädagogik, die sich durch das ganzheitliche Erfassen des Kindes und individuelle Förderung jedes Einzelnen auszeichnet, steht im Vordergrund unserer Arbeit. Lehrer und Erzieher verstehen sich als Beobachter und Lernpartner. Der Lernprozess findet täglich zwischen 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr statt.
Mehrjährige Erfahrung mit reformpädagogischen Ansätzen und die ständige Nutzung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich Bildung und Erziehung ermöglichen die erfolgreiche Integration der täglichen Freiarbeit und des organisierten Lernens sowie eines Kurssystems. Hier werden die Forderungen des sächsischen Lehrplans umgesetzt und mit persönlichen Lebensvisionen der Kinder verbunden.
Weiterhin werden seit zwei Jahren die üblichen Zeitregelungen gegen stündliche Einteilungen erfolgreich ausgetauscht.
Durch dieses offene System der ganzheitlichen Bildung und Erziehung sind die Schülerinnen und Schüler vom ersten Tag an mit sehr viel Selbständigkeit und Selbstorganisation am Werk. Die räumlichen Strukturen sind aufgebrochen und alle Schüler nutzen den gesamten Schulkomplex in Eigenverantwortung.
Begründung
Friedenserziehung als wesentlicher Schwerpunkt der allumfassenden Bildung und Erziehung bei Maria Montessori ist ein Grundpfeiler unserer Arbeit. Soziale Handlungskompetenzen sind vor allem durch die altersübergreifende Arbeit an unserer Schule erlern- und anwendbar. Im gesamten Kurssystem und in der Mehrzahl der Projekte wird in altersgemischten Gruppen gearbeitet.
Zur Förderung der sozialen Kompetenzen gab es schon seit mehreren Jahre einen „Runden Tisch“ mit vier Stühlen im Hausflur des Schulgebäudes, an dem sich Kinder zur selbständigen Klärung von Konflikten trafen bzw. an den sie zur Klärung von offenen Fragen durch Dritte delegiert wurden.
Da der Platz unseres „Runden Tisches“ nicht immer ein Ort der Stille und des friedlichen „Zurückziehens“ war und die Kinder sich manchmal nicht auf die „Sache an sich“ konzentrieren konnten, entwickelte sich daraus die Idee für ein Friedenszimmer. Oft gab es in unserem offenen Schulhaus neugierige Blicke, Dritte, die sich am Gespräch beteiligen wollten oder ihre Hilfe anboten. Doch das war verständlicherweise nicht wirklich ständig erwünscht.
Eine Veränderung der bisherigen Situation war unumgänglich.
Durch die Teilnahme am BLK-Modellversuch „Schulleben und Unterricht demokratisch gestalten“ hatten wir die Möglichkeit, mit zwei hervorragend methodisch und fachlich ausgebildeten Moderatoren von „DemokraTour“ zu arbeiten. Sie brachten uns für unser Anliegen die Methode der Zukunftswerksatt nahe und stellten diese den Beteiligten vor.
Die Zukunftswerksatt wurde auf unsere speziellen Bedürfnisse zugeschnitten. Dabei stand das Ziel, die Schaffung eines Raumes zur Konfliktregelung und für Gespräche, im Vordergrund.
Die Zukunftswerkstatt erfolgte nach den ersten Absprachen mit der Teamleitung in folgenden Abschnitten:
- Kritik- und Beschwerdephase
- Phantasiephase
- Sichten der Realität
- Verwirklichungs- und Praxisphase
Ziele bei der Entwicklung
Als Raum der Ruhe und des Miteinanders sollte das gemeinsam mit den Eltern geschaffene Friedenszimmer neue Wege der konsensualen Konfliktlösung und der Begegnung ermöglichen.
Wir wollten die Kraft und den Mut aller Beteiligten (auch Eltern) so fördern, dass wirklich alle mit anpacken und auch lernen, kritisch Meinungen zu äußern, Alternativen einzubringen und alles bewusst umzusetzen.
Kooperatives Arbeiten und ganzheitliches Denken sollte dadurch befördert werden.
Die Bedeutung dieses Projektes für die Verbesserung der Schulqualität und der damit verbundenen Entwicklung einer noch besseren Kommunikationsstruktur vor allem mit und durch die Kinder wurde von allen Partnern und mitwirkenden Kindern und Pädagogen unseres Teams herausgestellt. So lautete der konkrete Wunsch der Kinder: „Wir brauchen und wollen einen Raum schaffen, in dem wir Zeit finden, uns auszutauschen, ohne immer auf die Uhr schauen zu müssen. Wir wollen uns zurück ziehen können, Streit allein klären, auch mal laut, aber fair uns die Meinung sagen können, und wir wollen mit dem Schülerrat endlich mal in Ruhe zusammen sitzen können.“