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BLK-Programm - Demokratie lernen & leben: Kontext

Materialien

Sozialpraktikum in Eberswalde: Dialog zwischen Jung und Alt (Brandenburg)

Kontext, Begründungen, Ziele

Warum und vor welchem Hintergrund ist der Baustein eingeführt worden?

Seit dem Jahr 2002 beteiligt sich die Goethe-Oberschule Eberswalde mit dem Modul „Schule in der Demokratie“ am BLK-Programm „Demokratie lernen & leben“. Die Beteiligung am Programm trug dazu bei, das soziale Lernen mit dem Sozialpraktikum „Generationstreff“ im Schuljahr 2004/2005 zu einem wesentlichen Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit an der Goethe-Oberschule auszubauen.
Im Folgenden werden die Einschätzungen und Erfahrungen auf dem Weg zum Sozialpraktikum dargestellt.

Kooperationserfahrungen mit einem außerschulischen Partner - Schülerinnen und Schüler lernen, mit Verschiedenheit umzugehen

 „Wir wollen Vorurteile abbauen“, Ilona Franzke, Elternvertreterin.
„Uns geht es um Akzeptanz und verschiedene Blickwinkel“, Ute Peter-Pasztor, Landesklinik Eberswalde.

Die Idee zur Kooperation mit der Landesklinik kam aus der Schule: In Zusammenarbeit mit der Tagesklinik für Jugendliche der Landesklinik Eberswalde finden seit 2002 mindestens vierteljährlich Begegnungen von Schüler(n)/-innen mit psychisch kranken Jugendlichen statt: gemeinsame Lesungen, Sportveranstaltungen, Kunst- und Musikprojekte und der so genannte „Fokustag“, ein Tag der mit verschiedenen Veranstaltungen der vorurteilsbewussten Erziehung der Schüler/-innen dient. Das LISUM Bbg unterstützte und förderte diese Kooperation.

In dieser Kooperation mit einem außerschulischen Partner sieht die Schule die Chance, traditionellen Unterricht zu öffnen und fächerübergreifende Projekte gemeinsam mit der Landesklinik durchzuführen. Den Schüler(n)/-innen wird die Möglichkeit eröffnet, eigenverantwortlich zu handeln und für benachteiligte und gefährdete Menschen der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen. Durch das Kennen lernen von Menschen, die „anders“ sind, werden Vorurteile abgebaut und die Schüler/-innen können ihre Fähigkeit zum demokratischen Denken und Handeln entwickeln und beweisen. Diese sozialen Kompetenzen der Schüler/-innen sowohl durch den Unterricht als auch durch Projekte mit externen Partnern weiter zu entwickeln, ist ein Schwerpunkt an der Goethe-Oberschule. Er ist in dem im Schuljahr 2002/2003 erarbeiteten und inzwischen fortgeschriebenen Schulprogramm verankert und verlangt von den Kolleg/-innen, das soziale Lernen als Ausgangspunkt ihrer Arbeit zu betrachten und selbst Vorbild zu sein.

Wahrnehmung der veränderten Kindheit und Jugend der Schüler/-innen

Deshalb ist es Schulalltag an der Goethe-Oberschule, dass soziales Lernen auch im Unterricht gefördert und durch Projekte wie die Zusammenarbeit mit der Landesklinik Eberswalde bereichert wird. Allerdings können in die gemeinsamen Begegnungen immer nur einzelne Schüler/-innen einbezogen werden. So erfolgreich und sinnvoll die Goethe-Oberschule die Kooperation mit der Landesklinik Eberswalde einschätzt, war sie an diesem Punkt dennoch unzufrieden.
Im Frühjahr 2004 suchte sie nach einem Ansatz, durch den längerfristig die sozialen Kompetenzen aller Schüler/-innen eines Jahrgangs entwickelt werden können. 

Anlass dafür war kein schulisches Problem. Vielmehr nahm das Kollegium die veränderte Kindheit und Jugend ihrer Schüler/-innen wahr. Viele Jugendliche wachsen bei allein erziehenden Müttern bzw. Vätern auf, sind Einzelkinder, die sich viele Stunden am Tag allein überlassen sind und wenig familiäre Beziehungen besitzen. Statt miteinander zu reden, etwas zu unternehmen oder sich in der Familie auch beim Spielen zu treffen, verbringen die Jugendlichen ihre Freizeit allein vor dem Fernseher oder dem Computer. Dadurch sind ihre Möglichkeiten, soziale Kompetenzen in der Familie zu erwerben, eingeschränkt. Das zeigte sich vor allem in ihrer mitunter derben, auch verletzenden Sprache untereinander und in der Art und Weise, in der die Schüler/-innen mit den Lehrer/-innen kommunizieren.

Dabei sind die Lehrer/-innen der Goethe-Oberschule davon überzeugt, dass die sozialen und personalen Kompetenzen ihrer Schüler/-innen neben den kognitiven und methodischen Fähigkeiten unbedingt zu einem guten Abschluss gehören. Deshalb wollten sie ihnen ein praktisches Feld eröffnen, in dem sie unmittelbar erfahren, welche Wirkungen ihr Verhalten hat, weil ihr Gegenüber ihnen zurückmeldet, wie es ihm damit geht. Das sollte kein schulischer Kontext sein.

Neugier auf neue schulische Wege

Daneben gab und gibt es im Kollegium der Goethe-Oberschule ein großes Interesse, sich zu entwickeln und von Ansätzen anderer Schulen zu lernen. Im Jahr 2004 besuchte deshalb ein großer Teil der Kolleg/-innen in verschiedenen Gruppen jeweils eine reformorientierte Schule im Bundesgebiet. Ziel war es, sich auf der Suche nach neuen Unterrichtsmethoden von den Ansätzen anderer Schulen anregen zu lassen. Vor allem interessierten die Wege, die diese Schulgemeinschaften fanden, um die sozialen und personellen Kompetenzen der Schüler/-innen zu entwickeln.

An der Helene-Lange-Oberschule in Wiesbaden entdeckten sie unter den vielen Projekten auch ein generationsübergreifendes, das dort allerdings mit jüngeren Schüler(n)/-innen durchgeführt wurde. Dennoch war es gerade dieser Ansatz, der die Lehrer/-innen der Goethe-Oberschule inspirierte und sie ihr eigenes Konzept entwickeln ließ.

Anstoß gebend war ebenfalls das freie Arbeiten und das Lernen in Epochen an der Lobdeburgschule in Jena, durch das die Schüler/-innen befähigt werden, Verantwortung für ihr eigenes Lernen und die Beziehung zu ihren Mitschüler(n)/-innen zu entwickeln. Nach einem erneuten Besuch von allen Kolleg/-innen in diesem Jahr wird die Goethe-Oberschule im nächsten Schuljahr diesen Ansatz zunächst in den 7. und 8. Klassen und angepasst auf ihre räumlichen und materiellen Möglichkeiten einführen. Zum einen ermutigten die positiven Erfahrungen mit dem Sozialpraktikum die Kolleg/-innen, sich für diese Arbeitsweise zu entscheiden. Zum anderen erhoffen sich die Lehrer/-innen davon auch Rückwirkungen auf ihr Sozialpraktikum: Dass die Schüler/-innen mehr Sicherheit im Umgang mit anderen Menschen gewinnen und selbstbewusster auch der älteren Generation gegenübertreten können.

Begegnung der Generationen als Chance zum sozialen Lernen

„Wir überlegten, wie können wir diese zwei Beobachtungen miteinander verbinden: dass die Jugendlichen auf der einen Seite oft Gesprächspartner entbehren und in ihren Familien wenig Zeit miteinander verbringen und sie auf der anderen Seite dringend Gelegenheiten zum sozialen Lernen brauchen, um sich für ihr Leben zu orientieren. Deshalb kamen wir auf die Idee, ihnen einen Bezug zu alten Menschen zu vermitteln“, Rosalind Weißhaupt, LER-Lehrerin

In der 42 000 Einwohner zählenden Stadt Eberswalde leben viele Senior/-innen, die - davon gingen die mit der Planung des Sozialpraktikums befassten Lehrer/innen der Goethe-Oberschule aus - vielleicht Zeit hätten und sich oft auch eine sinnvolle Betätigung wünschten. In der Begegnung mit den Senior/-innen sahen sie die Chance für ihre Schüler/-innen, im konkreten Miteinander Toleranz, Geduld und Mitgefühl zu üben und zu beweisen und sich zugleich neue Erfahrungswelten zu eröffnen. Damit war die Idee geboren, ein Sozialpraktikum als einen „Generationstreff“ zu organisieren. Es verfolgte das Ziel, die sozialen, personalen, methodischen und inhaltlichen Kompetenzen in folgenden Bereichen zu stärken:

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