We are strong together Schüler-Lehrer-Fortbildung zur Förderung partizipativer Schülerbeteiligung - ein Transferinstrument (Bremen)
Durchführung bzw. Ablauf (inkl. Verantwortlichkeiten)
Welche Schritte kennzeichnen die Durchführung?
Inhalte der Fortbildung: Die vier Kernpunkte
Theorie und Praxis von Beteiligung
Aus den selben Schulen, von denen auf die o.g. Probleme hingewiesen wird, werden aber auch ganz anders lautende Erfahrungen berichtet: „Wenn die Schüler/-innen eine Sache als wichtig empfinden, lässt sich die Umsetzung mit ihnen gut bewerkstelligen!“ Daran zeigt sich, ein zentraler und erster Motor für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sind solch originäre Interessen. Diese aufzugreifen und zu entwickeln, kennzeichnet das Kernstück der Theorie und Praxis der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Einer ihrer zentralen Aspekte ist die Frage, wie in Beteiligungsprozessen das Verhältnis von Erwachsenen auf der einen, und Kindern und Jugendlichen auf der anderen Seite gestaltet sein muss. Entscheidend ist, dass Erwachsene
- sich soweit zurückzunehmen, dass Kommunikation gleichberechtigt gelingen kann
- sich als „Anwälte“ der Interessen von Kindern und Jugendlichen verstehen, z.B. gegenüber Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit
- Macht abgeben und Entscheidungskompetenzen teilen, damit der Ernstcharakter von Partizipation gesichert ist
- anerkennen, dass Kinder und Jugendliche Experten für die Gestaltung ihrer eigenen, kinder- und jugendgerechten Lebensbereiche sind (Stange, Tiemann, 1999, S. 20f)
Die Umsetzung des Beteiligungsansatzes für die Entwicklung einer partizipativen Beteiligungskultur verändert demnach die Form der Schülermitbestimmung an zwei zentralen Punkten:
- Als Ausgangs- und Mittelpunkt von Beteiligung in Schule werden die Interessen, Probleme und Wünsche der Schüler/-innen gesetzt, das Beteiligungsmodell lautet: Die Schüler/-innen beschäftigen sich aus eigenem Antrieb und aus der Perspektive ihres Interesses mit ihrer Schule, sie formulieren ihre Wünsche und Kritik und initiieren Aktivitäten die ihre Ideen und Interessen umsetzen.
- Dieser Ansatz wirkt sich unmittelbar auf die Rolle der Lehrer und Lehrerinnen aus: sie verlassen die Rolle des-/derjenigen, der oder die mehr weiß als die Schüler/-innen, dessen/deren Orientierungswissen die Richtung für das Engagement vorgibt. Da der Ausgangspunkt der Beteiligung das Interesse der Schüler/-innen ist, gilt es anzuerkennen, dass Jugendliche eigene Interessen haben und ein Recht darauf, diese zu artikulieren und sich für ihre Realisierung einzusetzen. Und das die Aufgabe der Lehrer/-innen ist, ihnen dieses Recht zuzugestehen, sie mit ihren Interessen ernst zu nehmen, zu unterstützen und zu begleiten. Auch und gerade dann, wenn die Idee der Schüler/-innen aus Sicht von Lehrer/-innen nebensächlich, nicht auf Wichtiges zielend oder unbequem erscheint.
Eine Fortbildung für Schüler/-innen und Lehrer/-innen
Die von den Schulen dargestellten Gründe für die wenig realisierte Schülermitbestimmung - fehlende Motivation und Passivität bei den Schüler/-innen und fehlende Unterstützung und Wertschätzung auf Seiten der Lehrer/-innen - zeigt deutlich auf, dass sich Verantwortlichkeiten und Rollen dieser beiden Protagonisten verändern müssen. Daher richtet sich die Fortbildung „We are strong together“ an Schüler/-innen und an Lehrer/-innen.
- Für die Lehrer/-innen bietet sie mit der Vermittlung des notwendigen professionellen Know-hows Unterstützung für den Rollenwechsel zum Coach, der die Beteiligung der Schüler/-innen gestaltet und entstehende Schülerinitiativen begleitet und unterstützt.
- Die Schüler/-innen erhalten Instrumente, die ihnen ermöglichen ihrerseits mehr Gestaltungsverantwortung zu übernehmen, ihre Wünsche und Kritik zu formulieren, in entsprechenden Projekten eine konkrete, umsetzbare Handlungsstrategie zu entwickeln und deren Umsetzung zu verfolgen.
- Neben der Veränderung der Rollen von Schüler/-innen und Lehrer/-innen braucht echte Beteiligung zudem ein Verhältnis beider auf Augenhöhe. Daher ist, ein gleichberechtigtes Verhältnis zu fördern, ein weiterer Aspekt der Fortbildung.
Außerhalb der Schule, mit Beteiligungs-Profis aus der politischen Jugendbildung
Die Theorie und Praxis der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen hat sich im Kontext der außerschulischen politischen Jugendbildung entwickelt. Ihre zentralen Ausgangspunkte, wie Freiwilligkeit, Anerkennen der Kinder und Jugendlichen als Experten, Einsatz handlungsorientierter Methoden, symmetrische Kommunikation, sind in der Kultur vieler Schulen noch nicht oder nur schwach realisiert. Vielmehr ist die Arbeits- und Beziehungskultur dort vielfach von externen Zielen und Interessen, dem strukturellen Wissensvorsprung der Lehrer/-innen und einer starken Abhängig der Schüler/-innen von der Gestaltung, Beurteilung und Reaktion der Lehrer/-innen geprägt.
Um Beteiligungsansätze für die Weiterentwicklung der schulischen Beteiligungskultur fruchtbar zu machen, sind Input und Assistenz von außen notwendige Voraussetzung, nicht zuletzt auch bei der Meisterung des oben beschrieben Rollen- und Verhältniswechsels. Gerade bei der Teambildung von Schüler-Lehrer-Teams, erweist sich für die Reflexion der miteinander gemachten Erfahrungen und für die Formulierung der Erwartungen aneinander, eine externe Moderation als sehr hilfreich. Dazu kommt, dass dieses Angebot Dritter aus dem außerschulischen Kontext von Schüler/-innen wie Lehrer/-innen sehr positiv bewertet wird:
- Die Schüler/-innen schätzen gerade die anderen Arbeitsformen, -zeiten und -orte der Jugendeinrichtungen sehr. Daher nutzen die Schulen die Fortbildung nicht nur um immer neue Schüler/-innen für ein Engagement auszubilden und zu motivieren, sondern auch als Anerkennung für schon geleistetes Engagement.
- Auch die Lehrer/-innen erleben als einen besonders guten und motivierenden Start in die Beteiligungsprojekte, dass die Projekte außerhalb der Schule entwickeln werden und die Schüler/-innen schon mit einer Idee, klaren Umsetzungsschritten und großer Motivation in die Schule zurück kommen.
Schulübergreifend und transferorientiert
Die an den oben genannten Schulen mit der Fortbildung gemachten positiven Erfahrungen haben dazu geführt, dass diese weiteren Schulen angeboten wurde. Darüber hinaus wurde sie konzeptionell um Gelegenheiten für den Transfer von schon erfolgreichen Beteiligungsansätzen teilnehmender Schulen erweitert.
Um den Transfer zu ermöglichen werden drei bis sechs Schulen in der Fortbildung zusammengeführt. Dabei gehört zum Prinzip, dass Schulen mit wenig Beteiligungserfahrung, die den Einstieg in neue Beteiligungsformen suchen, mit Schulen mit fortgeschrittener Erfahrung zusammen gebracht werden. Alle drei Module bieten Raum für Austausch, damit funktionierende Beteiligungsansätze sichtbar werden, ausgetauscht und übernommen werden können. Aus allen von den Schulen geschilderten Aktivitäten mit ihren positiven wie negativen Erfahrungen, soll Mut und Anregung geschöpft werden können.
Außerdem ermöglicht die schulübergreifende Arbeit den Lehrer/-innen und Schüler/-innen während der Laufzeit der Fortbildung (und evtl. darüber hinaus), sich bei auftretenden Schwierigkeiten und Rückschlägen gegenseitig zu beraten und zu motivieren. Die Zusammenarbeit mit anderen Schulen wird von den teilnehmenden Schüler/-innen und Lehrer/-innen sehr positiv gespiegelt:
- Die Schüler/-innen drücken ihre Freude über den Austausch mit Schüler/-innen anderer Schulen so aus: „Es ist spannend zu hören, wie die das an anderen Schulen machen“; „Man kann so viel über die eigene und andere Schulen erfahren“; „Es macht Spaß, mit anderen über ihre und meine Schule zu reden“. Die Wichtigkeit, die die Schüler/-innen diesem Austausch beimessen, zeigt sich auch daran, dass sie nach dem Ende der Fortbildung selbstständig zwei Folgetreffen organisiert und sich an ihren Schulen gegenseitig besucht haben.
- Die Lehrer/-innen betonen vor allem die Ermutigung, die aus dem Austausch und den Berichten über gelungene Beteiligungsprojekte und entwickelte Arbeits- und Umgehensweisen anderer Kolleg/-innen resultiert. Tatsächlich haben sich verschiedene Projekte und Beteiligungsformen in weiteren Schulen fortgepflanzt, so z.B. der Ansatz, über die gewählten Schülervertreter/-innen hinaus Schüler/-innen an der Schulmitgestaltung zu beteiligen, die Einrichtung einer AG für engagierte Schüler/-innen oder die Durchführung einer Mitschülerbefragung zum Thema „Warum schwänzen Schüler/-innen den Unterricht?“