Zivilgesellschaftliches Engagement bei Berufsschülern durch Kooperation mit außerunterrichtlichen Partnern (Mecklenburg-Vorpommern)
Kontext, Begründungen, Ziele
Warum und vor welchem Hintergrund ist der Baustein eingeführt worden?
Im Bereich Holztechnik der Beruflichen Schule Bautechnik Rostock (BS-Bau) gab es bereits Ende der 90er Jahren Ideen, Initiativen und Projekte in Zusammenarbeit mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (VDK). Unser Anliegen war über die Vermittlung von Wissen und fachlichem Know-how hinaus die Entwicklung von Werten und Haltungen zu fördern.
Ein Kollege aus dem Bereich Holztechnik sah aus persönlichen und pädagogischen Gründen einen möglichen Bezug zwischen Werteerziehung und dem Thema Kriegsgräber(-Fürsorge). Die Überlegung war, dass junge Menschen sich als nachfolgende Generation mit Krieg und seinen historischen Zusammenhängen, mit Kriegstoten und ihren Schicksalen auseinandersetzen würden, indem sie die oft ungepflegten, verkommenen, teilweise verschütteten und manchmal geschändeten Grabstellen und Friedhöfe restaurieren. Eine gemeinsame Arbeit junger Menschen an und über solchen Gräbern kann als Akt der Versöhnung angesehen werden. Gleichzeitig dient sie der Entwicklung eigener Werthaltungen. Wir gehen davon aus, dass ein Schüler, der sich intensiv mit den Hintergründen der Weltkriege auseinandergesetzt hat und selbst das Elend gefühlsmäßig nachvollziehen konnte, während er sich an der Kriegsgräberarbeit beteiligt, kaum noch anfällig z. B. für Rechtsradikalismus sein bzw. sich bewusst davon abwenden wird.
Der Kollege hatte 1998 die Idee der Kooperation mit dem VDK aufgenommen und ließ sich durch teilweise geäußerte Bedenken aus dem Kreis des Kollegiums nicht davon abbringen. Er verständigte sich mit dem Schulleiter, ließ sich von ihm beraten und unterstützen. Er plante eine erste Schulfahrt zur Arbeit auf der Kriegsgräberanlage in Kehl, Baden-Württemberg, führte sie im November 1999 durch und dokumentierte sie. Seitdem sorgt er für die Kooperationskontakte. In den folgenden Jahren schlossen sich weitere Fahrten und Aktivitäten an. Daran waren überwiegend Auszubildende aus dem Bereich Holztechnik beteiligt.
Mit dem Einstieg in das BLK-Programm „Demokratie lernen & leben“ (2002) konnte unser zivilgesellschaftliches Engagement durch die begonnene Länder übergreifende Zusammenarbeit der jungen Leute noch verstärkt werden. Wir sahen die Chance das VDK-Projekt um den Aspekt der Internationalität aufzuwerten. Es eröffneten sich uns weitere Möglichkeiten. Ansätze, die wir bereits durchgeführt haben und die wir erweitern wollten, sind der Methode des Service-Learning zuzuordnen. Auch wollten wir die Einbindung aller Vorhaben in Unterricht und Lehr- und Lernprozesse auf ein höheres Qualitätsniveau heben.
Wir konnten unsere bisherigen Projekte über den Bereich Holztechnik hinaus auf andere Fachbereiche ausweiten und so zu einem Profilteil der gesamten Schule machen. Die Anzahl der daran beteiligten Auszubildenden und Kollegen erhöhte sich.
Die Mitarbeit im BLK-Programm basiert auf fünf Projekten:
- Kriegsgräberfürsorge - auch als interkulturelle Arbeit - in Kooperation mit dem VDK. Dies ist der Gegenstand dieses Praxisbausteins (VDK-Projekt).
- „Restaurationsarbeiten Marienkirche“
- „Werterhaltungsarbeiten“ in Wohlfahrtseinrichtungen der Region Rostock in Kooperation mit der Evangelischen Akademie Mecklenburg-Vorpommern“ (Kooperationsvereinbarung Ev. Akademie)
- „Theaterarbeit“ (Kooperationsvereinbarung Volkstheater)
- Erarbeitung einer Hausordnung auf demokratischem Weg (Hausordnungsinitiierung; Hausordnung Fassung 2006).
Mit dem VDK-Projekt streben wir konkret nach folgenden Zielen (Urkunde):
Wir wollen
- Auszubildenden die Möglichkeit bieten durch gesellschaftlich-nützliche Arbeit Wissen, Können und Handlungskompetenzen herauszubilden bzw. zu erweitern. Sie erhalten Gelegenheit ihre fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in „Ernstsituationen“ anzuwenden;
- ihnen dazu solche Lernsituationen anbieten, zu denen sie einen persönlichen Bezug entwickeln können und die ihnen wegen der so gewonnen Bedeutsamkeit und Motivation nachhaltigeres Lernen von historischen Fakten, Hintergründen und Zusammenhängen ermöglichen (Basiswissen im allgemein bildenden Bereich);
- eine Verbindung zwischen Theorie, eigenen Wertvorstellungen und praktischem Tun herstellen und durch andere Formen des Unterrichts eine verbesserte Lern- und Lehrkultur erreichen;
- soziale Kompetenzen der Schüler stärken, indem sie während der Projektfahrten miteinander in einer Gruppe sowohl an einer gemeinsamen Aufgabe arbeiten als auch Freizeit miteinander verbringen;
- dass sich Auszubildende für das Gedenken an Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft engagieren und dazu beitragen dieses Gedenken von einer Generation auf die nächste zu übertragen (Werteerziehung);
- dass sie ein humanistisches Weltbild entwickeln
(s. Kooperationsvereinbarung BS-Bau VDK); - interkulturelle Bildung ermöglichen und Sprachanlässe in einer Fremdsprache als Begegnungssprache schaffen (Englisch).