Trainingswoche Zivilcourage - Übungen und Rollenspiele mit Berufsschülern (Mecklenburg-Vorpommern)
Durchführung bzw. Ablauf (inkl. Verantwortlichkeiten)
Welche Schritte kennzeichnen die Durchführung?
Organisationsrahmen der zentralen Projektwoche der Schule
- Seit 2000/2001 findet jährlich eine zentrale Projektwoche der Schule statt. Seit 2005/06 ist der Termin auf die letzte Woche vor den Osterferien gelegt worden. Die Projekte finden täglich in der Zeit zwischen 8.00 und 13.00 statt. Dabei ist es im Einzelfall durchaus möglich, dass die Zeiten variiert und den entsprechenden Projekten angepasst werden.
- Ca. 10% der Klassen, also 10 bis 15 der insgesamt 113 Klassen, nehmen daran teil. Der geringe Anteil liegt daran, dass zeitgleich immer nur ein Teil der Berufsschüler am Lernort Schule ist. Meist verbleiben die teilnehmenden Schüler während der Projekte in ihrem Lerngruppenverband.
- Die Planung beginnt ca. ½ Jahr vorher im Herbst.
- Kollegen machen in der Regel auf ihre Klassen zugeschnittene Themenvorschläge. Häufig sind dies fachliche Themen, die sich am Ausbildungsziel der jeweiligen Lerngruppe orientieren, z. B. „Vermessung eines Grundstücks“ für Techniker im Bereich Bautechnik/Hochbau.
- Für die Projektwoche vom 3. bis 7. April 2006 gab es insgesamt 24 Angebote für 17 Klassen, darunter auch die (zweite) „Trainingswoche Zivilcourage“. Die zentrale Projektwoche der Schule war von Anfang an als Rahmen für unsere Trainingswoche vorgesehen. Das war so auch mit der Schulleiterin abgesprochen.
- Der jeweilige Themenvorschlag der Lehrer für ein Projektangebot wird als Projektantrag beim zuständigen Abteilungsleiter eingereicht (Formular Projektantrag; Bsp. Projektantrag).
- Die Abteilungsleiter stellen die Angebote zusammen, sprechen sie mit der Schulleitung ab und geben sie für Lehrer im Lehrerzimmer und für Schüler auf einer Stellwand im Flur meist eine Woche zuvor bekannt. Die Kurzfristigkeit der Bekanntgabe ist dem Umstand geschuldet, dass „duale Klassen“ meist nur zwei Wochen in der Berufsschule sind, bevor sie wieder in die Praxis gehen.
Zur Vorbereitung der Trainingswoche Zivilcourage
- Während der Herbstferien 2004 haben die drei Teilnehmerinnen der Fortbildung „Zivilcourage“ (s. Abschnitt 2.2 „Fortbildung als Impulsge-bung …“) innerhalb von zwei Tagen die Planung für die „Trainingswoche Zivilcourage“ erarbeitet. Der erste Durchgang war vorgesehen für den 21.2. bis 25.2.2005.
- Mitarbeiter vom mobilen Beratungsteam (mbt) haben wir im November 2004 um Unterstützung gebeten (s. Abschnitt 3.5 „Kooperation mit dem mobilen Beratungsteam“).
- Zur Vorbereitung des zweiten Durchgangs haben die Kolleginnen ihre Vorjahresplanung während eines Nachmittags in der Woche nach der letzten Folgeveranstaltung in Güstrow im September 2005 überarbeitet und z. B. neue Anregungen aus dem 3. Abschnitt ihrer Fortbildung aufgenommen (Projektplanung 2006). Hilfreich waren dabei die Rückmeldungen aus dem Auswertungsgespräch mit dem mbt vom Vorjahr.
- Neben den Planungsunterlagen mit den Moderationsplänen, den Übungen, Spielen, Arbeitsbögen u. ä. hat die BLK-PG ihre theoretischen Inputs für die Schüler erstellt (Bsp. Folie original; Bsp. Folie Input).
- Es wurde eine Klasse als Adressatengruppe ausgewählt, die Dörte Taufmann aus dem Unterricht vertraut war und in der es eine positive Beziehung zwischen der Lehrerin und den Schülern gab. Im Schuljahr 2004/05 waren dies die Straßenwärter aus dem Fachbereich Bau.
- Ca. 1 bis 2 Wochen vor Beginn der Trainingswoche werden die benötigten Materialien und Unterlagen zusammengestellt bzw. reserviert (Checkliste konkrete Vorbereitung).
Der Aufbau der Trainingswoche im Überblick
(s. Projektplanung 2006)
- Tag mit den Schwerpunkten: Einstieg in die Trainingswoche und Begriffliches („Was heißt Zivilcourage?“)
- Gegenseitiges Kennen lernen, sofern sich Teilnehmer und Lehrkräfte untereinander nicht kennen
- Erwartungsklärung der Teilnehmer
- Annäherung an den Begriff Zivilcourage; Situationen, die Zivilcourage erfordern - Tag mit den Schwerpunkten: „Ursachen von Gewalt“ und „Verhaltensregeln für den Notfall“ (Bsp. exemplarischer Trainingstag)
- eigenes Gewaltpotential erkennen u. Verhaltensweisen kritisch reflektieren
- Ursachen von Gewalt zusammentragen
- richtiges Verhalten in Notsituationen deutlich machen (Ausgangspunkt Rollenspiel/Video) - Tag mit den Schwerpunkten: „Umsetzung und Anwendung der Verhaltensregeln in Rollenspielen“
- Video als Ausgangspunkt für eine Diskussion über richtiges Verhalten in Notsituationen
- Verdeutlichung von typischen Reaktionsweisen über die Wirkung von Zuschauern bei Konflikten
- Entwicklung von Rollenspielen zu positiven/negativen Verhaltensweisen in selbst gewählten Situationen - Tag mit den Schwerpunkten: „Konkrete Handlungsplanung für den Notfall sowie Planung und Vorbereitung einer Präsentation zu einem selbst gewählten Inhalt aus der Trainingswoche“
- Entwicklung von persönlichen Handlungsstrategien in vorgegebenen Notsituationen (Festlegung von verbindlichen Reaktionsweisen)
- Vorbereitung der Präsentation - Tag mit den Schwerpunkten: „Projektpräsentation“ und „Auswertung der Trainingswoche“
- Arbeit an der Präsentation (s. z. B. Flyer als Produkt einer Arbeitsgruppe)
Gestaltung u. Führung durch die Präsentation
- Auswertung der Trainingswoche
Zur „Choreografie“ des Trainings
- Ergebnis der Trainingswoche sollen Präsentationen der Teilnehmer sein, die sie in Gruppenarbeit anfertigen. Das Rahmenthema „Zivilcourage“ ist vorgegeben. Die Präsentationsform (z. B. Folienpräsentation mit Power Point, Rollenspiel, Gestaltung eines Aufstellers; Foto Flyer im Abschnitt 3.3) und die Inhalte sind frei wählbar.
- Der Tagesablauf ist so gewählt, dass ein Wechsel der Aktivitäten besteht zwischen Übungen, Inputs, (Rollen-) Spielen, Diskussion, Reflexion. Zu Beginn des jeweils neuen Trainingstags wird ein Bezug zum Vortag hergestellt und z. B. auch nach Erfahrungen aus dem Training und aus dem Alltag gefragt. Mit der jeweils letzten Übung wird ein Trainingstag beendet.
- Instruktion und Konstruktion des Lernens: Es werden zum einen Grundlagen vermittelt (Bsp. Folie Input). Zum anderen werden vor allem Lernsituationen angeboten, in denen Realität simuliert und so ein Nachvollziehen von Gefühlen und Erfahrungen möglich wird. Jeder der Teilnehmer soll selbst aktiv werden und Anlässe für Zivilcourage und Handlungsoptionen nachempfinden können.
- In der Arbeitsform wechseln (kurze) Einzelarbeitsphasen mit Klein-Gruppenarbeit und gemeinsamem Arbeiten im Plenum.
- Den Abschluss der Trainingswoche bildet eine Auswertung (s. Foto Beispiel Schülerauswertung im Abschnitt 3.3). Auch während jedes Trainingstags gibt es Phasen, in denen Schüler reflektieren, sich austauschen und miteinander diskutieren können.
- Zeitplanung: Zwar sind für die jeweiligen Aktivitäten Orientierungsgrößen für die benötigte Zeit angegeben (s. Anlagenteil in Projektplanung 2006), doch haben wir für die einzelnen Aktivitäten keine Zeitvorgaben eingeplant. Stattdessen haben wir jeweils Übungen in „Reserve“, falls die Schüler schneller vorankommen. Hinter dieser flexiblen Planung steht die Absicht, dass wir vor allem Zeiten, in denen Schüler ihre Meinung äußern und sich austauschen sehr Teilnehmer orientiert gestalten wollen. Entsprechend handhaben wir auch die Pausengestaltung.
Kooperation mit dem mobilen Beratungsteam Neubrandenburg
- Kontakte zum mobilen Beratungsteam Neubrandenburg (mbt; mbt-neubrandenburg@raa-mv.de) haben wir über einen Ansprechpartner im BLK-Programm erhalten. Das mbt bietet Schulen Unterstützung bei Gewaltprävention, z. B. durch Organisation und Durchführung von Veranstaltungen für Schüler oder durch Fortbildungen für Lehrkräfte.
- Diese Kooperation hat für uns u.a. die Vorteile, dass beim mbt viele Erfahrungen in Gesprächsführung mit Jugendlichen zu kontroversen Themen vorhanden sind und wir - zumindest zeitweilig und leider nur bei der ersten Trainingswoche - personelle Unterstützung hatten.
- Mitarbeiter vom mbt haben wir telefonisch im November 2004 kontaktiert und ihnen die Projektplanung zugesandt (vergleichbar der Projektplanung 2006). Unser Vorhaben haben wir ihnen im Januar 2005 vorgestellt. Das mbt sagte grundsätzlich zu uns unterstützen zu wollen, konnte sich terminlich aber nur an einem Tag einbringen. Für die konkrete Arbeit in vier Kleingruppen an einem Mittwoch war dies ein hilfreiches Angebot.
- Nach der Trainingswoche haben wir vom mbt Rückmeldungen über eigenes Gesprächsverhalten erhalten. In dieser Auswertung gab es zudem viele Tipps zur Erarbeitung der Rollenspiele. (s. Kapitel 4 „Zwischenbilanz“)
Auswertung mit Schülern
- Für die Auswertung mit Schülern hatten wir für die zweite Trainingswoche (April 2006) ein Plakat angefertigt, auf dem alle Übungen etc. aufgelistet waren. In dafür vorgesehenen Spalten konnten die Schüler mit Klebepunkten ihre Meinung kundtun. Sie haben 3 rote und 3 grüne Punkte erhalten. Rot stand für „das fand ich gut“ (+), grün bedeutete „das fand ich nicht so gut“ (-) (s. Foto Beispiel Schülerauswertung im Abschnitt 3.3 und Kapitel 4 „Zwischenbilanz“).
- Zu Beginn und am Ende der Trainingswoche beantworten die Schüler einen Fragebogen. Er erfasst, ob und wie sie in kritischen Situationen aktiv werden (Selbsteinschätzung). Die Ergebnisse der beiden Befragungen (vorher - nachher) haben die Schüler selbst ausgewertet.
Bewertung von Schülerleistungen
- Die Schüler erhalten Noten für das Fach Sozialkunde.
- Bei der Notengebung berücksichtigen wir als Kriterien z. B. die Bereitschaft zur Mitarbeit, das Einbringen von Ideen, die Aktivität bei der Erarbeitung und Vorstellung der Präsentation, den Umgang mit anderen.
- Nach der Projektwoche gehen die beteiligten Lehrkräfte die Teilnehmer einzeln durch und stimmen sich in der Benotung ab.
Zur Rolle, Kooperation und Reflexion der beteiligten Lehrkräfte
- Die Gruppengröße der Teilnehmer - im ersten Jahr waren es 30, im zweiten Jahr waren es 24 -, die Thematik und die Arbeitsweise während der Projektwoche erfordern eine Besetzung mit zwei Personen.
- Oft wird arbeitsteilig vorgegangen. Eine Lehrperson moderiert, während die andere Ergebnisse oder Gedanken am Flip-Chart oder an der Pinnwand visualisiert. Auch sprechen wir ab, wer bei welchen Übungen den aktiven Part der Moderation übernimmt. Außerdem arbeiten wir mit verschiedenen Teilnehmergruppen und zum Teil auch an unterschiedlichen Orten (2 Räume).
- Die individuellen Kompetenzen und Beobachtungen und auch die Rückmeldungen aus dem mbt zur ersten Trainingswoche ermöglichen eine gemeinsame Auswertung und Überarbeitung der konkreten Planungen. Folgende Leitfragen sind für die Auswertung eine Strukturierungshilfe: Was war gut? Wie weit sind wir gekommen? Was sollten wir beim nächsten Mal anders machen und wie? Zu ihrer Beantwortung werden die Rückmeldung der Schüler mit einbezogen
(s. Kapitel 4 „Zwischenbilanz“).
Da wir als beteiligte Lehrkräfte einen guten persönlichen Draht zueinander haben, machen wir allerdings eine solche Auswertung nicht täglich systematisch, sondern nutzen auch gemeinsame Aktivitäten für einen solchen Austausch.