Modelle zur Veränderung der Lernkultur (Berlin)
Voraussetzungen für die Einführung bzw. Durchführung
Welche Bedingungen wurden vor der Einführung geschaffen?
Seit dem Jahr 2000 wurden mehrfach Zukunftswerkstätten mit Lehrer/inne/n und Schüler/inne/n durchgeführt. Viele wurden extern beraten und begleitet durch einen Dozenten und Student/inn/en der Grundschulwerkstatt der Humboldt-Universität (HU) Berlin. Der Kontakt mit der Universitäts-Werkstatt war über die Teilnahme von Schülervertretern der 5. und 6. Klassen an einer bezirklichen Zukunftswerkstatt im „Freizeit- und Erholungszentrum“ (FEZ) in Berlin-Wuhlheide unter dem Motto „Kinderrechte“ und über das „Kinder- und Jugendbüro Marzahn“ (Humanistischer Verband Deutschlands) geknüpft worden.
Seit 2003 finden regelmäßige Treffen (ca. alle 4 – 8 Wochen) aller Klassen-sprecher/innen der 3. – 6. Klassen unter Leitung einer Vertrauenslehrerin und der Schulleiterin statt, in der die Realisierung der Kinderwünsche und Ziele aus den Zukunftswerkstätten sowie aktuelle Probleme der Schule beraten werden. Es wird darauf geachtet, dass die Besprechungen bzw. ihre Ergebnisse schriftlich dokumentiert werden, dass die Schüler/innen in ihren Klassen von den Versammlungen berichten und Beschlüsse umgesetzt werden. Die Schüler/innen entwickelten im Laufe der Zeit viel Initiative in ihrem partizipatorischen Engagement und forderten damit auch die Aktivität der Erwachsenen (Lehrer/innen und Eltern) heraus (Beispiele für Initiativen der Schüler/innen).
Da aus DDR-Zeiten eine Horteinrichtung an der Schule bestand (für Kinder bis zur 4. Klasse bis 16.00 Uhr, zusätzlich Früh- und Spätbetreuung), waren erleichternde Voraussetzungen dafür vorhanden, sich am Schulversuch „Verlässliche Halbtagsgrundschule“ (VHG) der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport zu beteiligen; dieser wurde wissenschaftlich begleitet von der Arbeitsstelle Bildungsforschung Primarstufe der Freien Universität (FU) Berlin unter Leitung von Prof. Dr. Jörg Ramseger. Neben den noch vorhandenen Horterzieherinnen erhielt die Schule noch zwei Erzieherinnen für eine „Schulwerkstatt“, die Freizeitangebote und Hausaufgabenhilfe für den VHG-Bereich bzw. darüber hinaus für Kinder der 5. und 6. Klassen bis 15.00 Uhr anboten.
Als 2003 durch die Berliner Senatsbildungsverwaltung Angebote für „gebundene Ganztagssgrundschulen“ ausgeschrieben wurden, bewarb sich die Schule sofort und - trotz anfänglichem Widerstand durch das zuständige Bezirksamt, das zunächst eine andere Marzahner Grundschule bevorzugte - zuletzt auch erfolgreich. In einer Ganztagsgrundschule, in der ALLE Kinder von (mindestens) 8.00 bis 16.00 Uhr anwesend sind, können nach Meinung des Kollegiums die Leitbilder der Lehrer/innen, Erzieher/innen und Schüler/innen am besten verwirklicht werden.
Die Elternvertreter/innen wurden von Beginn der Maßnahmenentwicklung an einbezogen: In der Gesamtelternvertretung wurden von den Zielvorstellungen und Aktivitäten der Lehrer/innen- und Schüler/innen berichtet und unterstützende und ergänzende Tätigkeiten der Eltern beraten. Es wurde darauf geachtet, dass häufiger Klassenelternversammlungen stattfanden, in denen Eltern, Lehrer/innen und auch Schüler/innen (!) von ihren Zukunftswerkstätten und Aktivitäten berichteten und dort miteinander die Entwicklung der Schule diskutierten. Als Folge dieser verbesserten Kommunikationskultur nahmen tatsächlich in diesem sozial komplizierten Wohngebiet Aufmerksamkeit und Interesse der Eltern an der Grundschule ihrer Kinder zu. Die Beteiligung an den Klassenelternversammlungen wuchs: immer mehr Eltern waren zu aktiver Mitarbeit an den schulischen Projekten bereit. In einer Umfrage äußerte die Mehrheit der Eltern den Wunsch nach einer „gebundenen Ganztagssgrundschule“.
Aus Lehrervertretern aller Schulstufen, aus der Leiterin und Erzieher/inne/n des Hortbereichs, aus einzelnen Elternvertretern und der Schulleitung wurde eine Steuergruppe gebildet, die identisch mit einer Erweiterten Schulleitung wurde.
ALLE Lehrer/innen und Erzieher/innen wurden in die seit 2000 entstandenen Arbeitsgruppen zu den verschiedenen Schulentwicklungsbereichen eingebunden.
Teilnahme am BLK-Programm „Demokratie lernen und leben“. Das „Kinder- und Jugendbüro Marzahn“ hatte die Schule auf die Ausschreibung des Programms aufmerksam gemacht.
Kooperation mit dem Verein FIPP e.V. („Fortbildungsinstitut für die pädagogische Praxis“), der sowohl in die Arbeit des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Programms „Lernende Regionen“ mit dem Projekt „Appolonius! Lernende Region Marzahn-Hellersdorf“ eingebunden ist und sich bei dem Aufbau von „Lerninseln“ und Lernwerkstätten engagiert, als auch mit dem BLK-Programm „Demokratie lernen und leben“ zusammen arbeitet.
2003 fand, organisiert von FIPP e.V., in der Schule eine „Expertenrunde“ zur Beratung und Unterstützung des Antrags „Gebundene Ganztagsgrundschule“ statt, an der Vertreter/innen der Senatsbildungsverwaltung, der bezirklichen Schulaufsicht, der Schulleitung und der Gesamtelternvertretung, der Schulleiter einer bereits genehmigten gebundenen Berliner Ganztagsgrundschule sowie einer Vertreterin von FIPP e.V. beteiligt waren. Hier wurden die Weichen für Antragsstellung und Einrichtung der Wilhelm-Busch-Grundschule als gebundene Ganztagsschule gestellt und das Engagement der Akteure vor Ort überzeugten Bezirksamt und Senatsverwaltung, der Wilhelm-Busch-Grundschule den Zuschlag zu geben.
Es wurde ein umfängliches Kontaktnetz mit folgenden externen Unterstützern aufgebaut:
- Arbeitsstelle Bildungsforschung Primarstufe der FU Berlin unter Prof. Dr. Ramseger im Schulversuch „Verlässliche Halbtagsgrundschule“ → wissenschaftliche Beratung bei der Kooperation von Lehrer/inne/n und Erzieher/inne/n in einem neu rhythmisierten Schultag
- Grundschulwerkstatt der HU Berlin über den Dozenten Dr. Wedekind → Durchführung von Zukunftswerkstätten, Aufbau einer Lernwerkstatt
- Berliner Vorhaben des BLK-Programms „Demokratie lernen und leben“ im Set 2 „Schule als Demokratie“ → Beratung und Sachmittel-Unterstützung, Fortbildungsangebote, Aufbau von Netzwerken mit anderen Berliner Programmschulen
- Benachbarte Schule mit berufsvorbereitenden Lehrgängen → Übernahme der dringend erforderlichen Renovierung der Schulflure (Materialfinanzierung durch das bezirkliche Schulamt)
- Catering-Firma, die das Mittagessen für die Schule liefert → Planung verbesserter Mahlzeiten, Verschönerung der Mensa
- Verein FIPP e. V. → Unterstützung bei dem Aufbau der Lernwerkstatt, Angebote und Finanzierung von Fortbildungen in Kooperation mit dem BLK-Programm, wichtiger Ratgeber bei der Ausweitung der Außenkontakte der Schule
- Deutsche Kinder- und Jugendstiftung und RAA Berlin, Servicestelle Ganztägig lernen → Beratung bei der Vernetzung mit Unterstützungssystemen im Themenfeld Ganztagsschule
- Senatsbildungsverwaltung und Verein „Grün macht Schule“ sowie bezirkliches Bauamt → Umgestaltung des Schulgeländes
- Bezirksamt (Schulträger) → Sanierung der Toiletten (Toilettensanierungsprogramm des Bezirks)
- „Marzahner Wohnungsgenossenschaft“ → Unterstützung beim Müll-Trennungsprogramm als Vorbild für weitere Maßnahmen im Wohngebiet
- Humanistischer Verband „Kinder- und Jugendbüro Marzahn“ → Kontakt zur bezirklichen Zukunftswerkstatt „Kinderrechte“ und jährliche Umfrage zur Realisierung der Kinderrechte an der Schule
- Deutsche Kinder- und Jugendstiftung → Wettbewerb „Kinder forschen“; die Schule beteiligte sich mit den 3. Klassen am Forschungsthema „Wetter“. Folge der Teilnahme war die Eröffnung der Lernwerkstatt. Alle am Wettbewerb teilnehmenden Schulen erhielten Fördermittel in Höhe von 5.000,00 €, die die Schule für Materialanschaffungen der Lernwerkstatt nutzen konnte
- Quartiersmanagement Marzahn-Mitte und „Plattenbauverbund e.V.“ → Kooperationspartner bei Freizeitangeboten, Vermittlung von MAE-Kräften, Organisation einer „Gesundheitswerkstatt“ in der Schule zur Unterstützung der Arbeit der AG „Essensversorgung“
- Förderverein der Wilhelm-Busch-Grundschule → Finanzielle Unterstützung verschiedener Schulprojekte bei Bedarf
Der Ansatz der Wilhelm-Busch-Grundschule konnte so erfolgreich entwickelt werden, weil zwei Ebenen konsequent in den Prozess einbezogen waren:
Innerhalb der Schule wurden eine breite Kommunikation und Kooperation zwischen allen Betroffenen entwickelt und gepflegt sowie partizipatorische Prinzipien realisiert.
Vielfältige externe Unterstützung wurde intensiv genutzt.