Rechte und Pflichten für Eltern, Lehrpersonen und Schüler/-innen (Hessen)
Zwischenbilanz
Welche Erfahrungen liegen bisher vor? Welche Folgen haben sich ergeben?
Broschüre als Grundlage der Elternbeteiligung
Seit dem Schuljahr 2005/2006 haben alle Eltern aufgrund der Broschüre „Rechte und Pflichten für Eltern“ eine gemeinsame Arbeitsgrundlage, die die Beteiligungschancen und Anforderungen der Albert-Schweitzer-Schule transparent und deutlich macht.
Broschüre stärkt engagierte Eltern
Die bei der Erarbeitung der Broschüre beteiligten Eltern haben einen Einblick in die schulische Arbeit von Lehrerinnen gewonnen. Alle Eltern haben die Broschüre „Rechte und Pflichten für Eltern“ bekommen. Ihre Einführung bietet immer wieder Redeanlässe auf Elternabenden über die Elternrechte und Pflichten ins Gespräch zu kommen.
Die „Rechte und Pflichten für Eltern“ werden als verbindliche Grundlage für die Zusammenarbeit von Elternhaus und Schule anerkannt. Die Broschüre erleichtert es den engagierten Eltern – und dabei insbesondere den Elternbeiräten – Position für gemeinsame Aktivitäten in der Schule zu beziehen. Sie haben einen „besseren Stand“, da sie sich beispielsweise bei der Planung von Festen, auf die in der Broschüre vereinbarten Unterstützungsleistungen auf Elternseite beziehen können. Die Broschüre bietet dabei gewissermaßen einen neutralen, von der um Mithilfe bittenden Person unabhängigen Boden, der das Argumentieren in der Sache, die ja eine „Sache für unsere Schule“ und damit letztendlich „für das Wohl unserer Kinder“ ist, erleichtert.
Zurückhaltenden Eltern erleichtern die in der Broschüre festgehaltenen „Rechte und Pflichten“ nach eigenem Bekunden das Engagement. Es tue gut zu wissen, dass „meine Hilfe, meine Meinung erwünscht ist“. Auch sind Abläufe und Tätigkeiten beispielsweise im Rahmen von Festen klar beschrieben und damit für alle transparent.
Auch auf Seiten der Lehrer/innen hat sich die Aufmerksamkeit gegenüber Elternrechten und Pflichten verändert. Bestimmte Sachverhalte z.B. der Besuch von Elternabenden werden im Kollegium bewusster wahrgenommen und diskutiert. Fragen wie: „Wie können Familien mit Migrationshintergrund besser eingebunden werden?“ „Wie kann ich beispielsweise Alleinerziehende so unterstützen, dass sie zu Festen und Elternabenden kommen können?“ beschäftigen die Lehrerinnen dabei besonders.
Ideen zum Brückenbau zu weniger sichtbaren (beteiligten) Eltern
An Ideen, wie die bisher wenig engagierten Mütter und Väter für eine stärkere Kooperation gewonnen werden könnten, mangelt es nicht. Im Gespräch sind: Pateneltern, Sprachkurse für ausländische Frauen, Babysitter für Elternabende, Helfereltern für Kinder mit Migrationshintergrund, Kochkurse von ausländischen Müttern für deutsche Mütter, Aufbau eines Pools von ausländischen Eltern, die sich als Multiplikatoren eignen und vermitteln können, was in der Albert-Schweitzer-Schule (und in deutschen Schulen im Allgemeinen) wichtig ist.
Trotzdem bleibt nach wie vor eine Unsicherheit, welcher Weg der geeignete ist und wie es gelingen kann, den bisher noch nicht beteiligten Müttern und Vätern eine Brücke zu bauen, die für sie begehbar ist und eine stärkeres Engagement ermöglichen könnte. Das Kollegium bemüht sich stetig durch Fortbildungen (wie z.B. Ende 2005 zu Elterngespräche...) Angebote und Ansprache zu optimieren.
Eine sensible, durchaus selbstkritische Haltung im Kollegium lässt Reflektionsprozesse entstehen, die offen für das Nachvollziehen von Missverständnissen, Fehlannahmen und Korrekturen eingeschlagener Pfade machen. Das Projekt „Rechte und Pflichten für Eltern“ ist weiterhin auf dem Weg – und sollte es sicher auch bleiben, da mit jedem neuen Schuljahr neue Menschen in die Schulgemeinde eintreten und sich gemeint und beteiligt fühlen müssen, um mittun zu können.
Ganz klar ist den Beteiligten bei allen Überlegungen, dass es auf gar keinen Fall darum gehen kann, Eltern nur über ihre Rechte und Pflichten zu unterrichten. Sie müssen gelebt werden. Es müssen sich Haltungen entwickeln können. Ein Bewusstsein muss entsehen, das dem Geist der Ideen zur Kooperation für die Förderung und Begleitung der Kinder entspricht. Dies ist ein Entwicklungsprozess, der Zeit und Geduld, aber auch Vertrauen, Empathie und Freundlichkeit braucht.
Belehrungen oder bloßes Dozieren erscheinen uns fehl am Platz. Es erscheint wichtig zu sein, Mütter und Väter im Bedarfsfalle an ihre Rechte und Pflichten zu erinnern und ihnen Hilfen anzubieten, wenn sie den formulierten Anforderungen nicht gerecht werden können.
Auf der Handlungsebene wird das so sichtbar:
Nach der ersten Veröffentlichung der Broschüre haben wir im Rahmen eines Schulfestes eine Befragung der Eltern durchgeführt. (Broschüre, Befragungsbogen und das ausgewertete Ergebnis der Befragung stehen als pdf-Datei zum Download auf der Homepage zur Verfügung: www.albert-schweitzer-schule-langen.de (unter dem Menüpunkt Konzept der Schule / BLK-Programm-Demokratie lernen & leben). Ein Ergebnis, nämlich, dass nur 65% der Eltern sich ernst genommen fühlten, war einer der Auslöser dafür, dass das gesamte Kollegium an einer zweitägigen Fortbildung zu "Gesprächsführung mit dem Fokus auf schwierige Elterngespräche" teilgenommen hat. Es war wichtig, Sicherheit zu gewinnen und der Situation zu begegnen, wenn Eltern ihre Rechte einfordern, diese möglichst anzunehmen.
In einer pädagogischen Konferenz wurden der Prozess der Erarbeitung und das Ergebnis gemeinsam mit den Vertreter/innen der Eltern reflektiert. Ergebnis dieser Reflexion ist eine Fortbildungsreihe für Lehrpersonen und Eltern, die im nächsten Schuljahr unter dem Titel "Berücksichtigung der besonderen Herausforderungen von Schule in der Einwanderungsgesellschaft" stattfinden wird.
Eine Weiterentwicklung der "Rechte und Pflichten- Hefte" ist nach einer Erprobungsphase von 4 Jahren ("Grundschulzyklus") geplant. Dabei hofft die Schule auch auf Hinweise aus der externen Evaluation durch die Schulinspektion.