Soziales Lernen als Unterrichtsfach im Rahmen eines präventiven Gesamtkonzeptes (Hessen)
Durchführung bzw. Ablauf (inkl. Verantwortlichkeiten)
Welche Schritte kennzeichnen die Durchführung?
Einführung der neu aufgenommenen SchülerInnen und Vorbereitung auf das Soziale Lernen
- Der Kontakt zu den neu aufgenommenen SchülerInnen wird durch einen Kennenlerntag noch vor ihrem Schuleintritt sowie durch eine Einführungswoche zu Beginn des Schuljahres hergestellt und vertieft. Beide Angebote dienen dem „Warmwerden“ mit der neuen Schule und Situation und sind eine indirekte Hinführung zum Fach SoLe (Präsentationsmaterial).
- Seit dem Start des Vorhabens „Soziales Lernen“ im August 2001 bereiten die Initiatorin und die designierten KlassenlehrerInnen der neuen 5. Klassen einen Kennenlerntag noch vor den Sommerferien vor. Dazu laden wir seither regelmäßig nachdem das Schüleranmeldeverfahren abgeschlossen ist, ca. 4 bis 6 Wochen vor den Sommerferien, die neuen SchülerInnen mit einem Brief persönlich zu diesem Tag ein (Einladungsbrief).
- Es besteht ein guter Kontakt zu den KollegInnen an den fünf Grundschulen, mit denen wir zusammenarbeiten. Zur Vorbereitung auf die Zusammensetzungen der Klassen finden Übergabegespräche statt, in denen sowohl über wichtige persönliche Belange der Kinder als auch über eine geeignete heterogene Gruppenbildung gesprochen wird. Die Wünsche der Kinder, der Eltern aber auch die Erfahrungen der LehrerInnen werden berücksichtigt. Die KollegInnen der Grundschulen unterstützen den Kennenlerntag, indem sie ihre SchülerInnen zu dieser Veranstaltung begleiten.
- Die SchülerInnen finden sich an diesem Tag auf dem Schulhof ein. Die KollegInnen unserer Schule tragen einen farbigen Anstecker mit Namen und haben die Namensliste ihrer jeweiligen zukünftigen 5. Klasse. Nach dem ersten „Beschnuppern“ gehen die LehrerInnen mit ihren zukünftigen SchülerInnen in den späteren Klassenraum. Dort verbringen sie mit ihren baldigen MitschülerInnen und ihren zukünftigen KlassenlehrerInnen zwei Unterrichtsstunden.
- Die SchülerInnen können erste Ängste und Befürchtungen abbauen. Sie sehen die „Großen“, treffen ältere Jugendliche aus dem Stadtteil, lernen das Schulgebäude und den Pausenhof kennen und fühlen sich bereits nach diesen wenigen Stunden mit den neuen MitschülerInnen und dem Klassenlehrer vertraut. Dies wird durch Kennenlernspiele unterstützt.
- Zum vertieften Kennenlernen dient die Einführungswoche direkt zu Schuljahresbeginn. Sie wird von den KlassenlehrerInnen durchgeführt. An einem Tag dieser Woche ist die Schulsozialarbeiterin in allen Unterrichtsstunden mit in der Klasse.
- An diesem Tag wird ein Thema als eine Gruppen- bzw. Klassengemeinschaftsarbeit bearbeitet, z. B. Partnerinterviews mit gegenseitigem Porträtieren. Anschließend werden diese Porträts zu einer „Klassenbild-Collage“ zusammengesetzt. Die KollegInnen des neuen 5. Jahrgangs haben sich zuvor auf einen solchen gemeinsamen Themenschwerpunkt verständigt (s. auch Präsentationsmaterial).
Zum Unterrichtsfach SoLe
Organisationsstruktur und jährliche Ausweitung des Unterrichtsfachs SoLe
- SoLe wird wöchentlich mit einer Unterrichtsstunde unterrichtet.
- Der Unterricht wird in Doppelbesetzung von KlassenlehrerIn und Sozialarbeiterin erteilt.
- Seit August 2001 wird SoLe in der Jahrgangsstufen 5 unterrichtet.
- Mit Beginn des Schuljahres 2002/03 erfolgten die Weiterführung in Jg. 6 sowie der Einstieg im neuen Jg. 5.
- Seit August 2005 wird entsprechend auch die Jahrgangstufe 7 einbezogen.
Inhalte, methodische Vorgehensweise und Unterrichtsmaterialien des Fachs SoLe
- An der Entwicklung eines verbindlichen Curriculums arbeiten wir in der BLK-PG noch. Insbesondere die Inhalte des Jahrgangs 7 werden zurzeit (Mai 2006) erarbeitet, da dieser Jahrgang erst im Schuljahr 2005/06 in das Unterrichtsangebot SoLe aufgenommen worden ist.
- Unsere derzeitigen inhaltlichen Schwerpunkte und methodischen Vorgehensweisen orientieren sich stark an den Materialien, die uns durch die absolvierten Fortbildungen bekannt sind und die sich in mittlerweile eigenen mehrjährigen Erprobungen bewährt haben. Dabei handelt es sich z. B. um Elemente des „Eingangsprogramms im Jahrgang 5/6“ (Kurzbeschreibung Eingangsprogramm s. Link: http://www.blk-demokratie.de/?id=materialien; s. Literaturhinweise: Christa Kaletsch). Wir hatten uns entschieden, dies für SoLe von seinem Start an (2001/02) bis zum Schuljahr 2005/06 zu verwenden.
- In erster Linie aber haben wir uns an den Aufbau des Lions-Quest-Programms „Erwachsen werden“ gehalten und von den dort angebotenen 7 Bausteinen 3 erprobt (Hilfswerk der Deutschen Lions e.V.; Lions-Hilfswerk.Germany@t-online.de).
- Ziel beider Programme ist der Erwerb von sozialen Kompetenzen. Die einzelnen Bausteine können so, wie sie für die LehrerInnen mit Materialen versehen sind, direkt im Unterricht angewendet werden.
- Themen im Jahrgang 5:
- Wir werden eine Klassengemeinschaft (Lions Quest Baustein 1: „Ich und meine neue Gruppe“)
- Rechte und Pflichten in der Klasse – Klassenregeln (Lions Quest Baustein 1: „Ich und meine neue Gruppe“)
- Kooperations- und gruppendynamische Übungen wie z. B. Gruppenrätsel Kindesentführung, Gruppenrätsel Mein Goldhamster; Eierauffangmaschine
- Projekttag zum Thema „Was ist ein Konflikt?“ (Projekttag)
- Einführung in das Thema Selbstvertrauen: „Der dreibeinige Hocker des Selbstvertrauens“ (Anerkennung, Fähigkeiten, Verantwortung) (Lions Quest Baustein 2: „Stärkung des Selbstvertrauens“; Elternbrief; Lehrerhandbuch; Arbeitsmaterial Schüler)
Übung Eierauffangmaschine:
- Themen im Jahrgang 6:
- Über Gefühle reden (Lions Quest Baustein 3: „Mit Gefühlen - umgehen“)
- „Wir sind damit fertig - andere fertig zu machen!“ - Themen im Jahrgang 7:
- „Wie gehe ich mit Gruppendruck um?“
- Suchtprävention
- „Meine Familie und ich“ - Wir haben jeweils für die Klassen das geeignete Material ausgewählt. In manchen Gruppen haben wir die Materialien komplett eingesetzt. Für andere Lerngruppen wurden die Arbeitsbögen dem Sprachniveau unserer SchülerInnen angepasst.
- Der Umfang an Unterrichtsstunden für den jeweiligen Themenbereich ist variierbar. Er wird von den jeweiligen Lehrpersonen für die Klasse festgelegt.
Ablaufmuster zur Durchführung des Unterrichts SoLe
- Einführung und Zugang:
1. Durch verbale oder nonverbale Energizer (z. B. beschriebenes Bild des 3-beinigen Hockers, das von den SchülerInnen in Form eines Experiments erfahren wird, Lehrerhandbuch, S. II - 7 „Vorschlag zur Stundenplanung“)
2. Durch kreative Übungen (z. B. die Übung „Blindenhund“, Lehrerhandbuch, S. II - 29 „Vorschlag zur Stundenplanung“)
3. Arbeitsblätter (Arbeitsmaterial Schüler)
4. aktuelle Situationen aus dem Klassen- oder Schulgeschehen
- Durchführung von Übungen durch die SchülerInnen: in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit. Kooperative Lernformen spielen eine besondere Rolle (Gruppenrätsel Kindesentführung; Gruppenrätsel Mein Goldhamster).
- Reflexion und Auswertung: Ergebnissicherung, Folgerungen aus den Erfahrungen mit den Übungen und der Bearbeitung des Themas mit weiteren Aufgaben und Festlegung der Weiterarbeit.
Funktion der Doppelbesetzung
- Die Doppelbesetzung mit einer Lehrerin und der Schulsozialpädagogin unterstützt das Anliegen den Prozess der Gruppenbildung in der Klasse zu steuern und positiv zu beeinflussen.
- Die Sozialpädagogin leitet z. B. die Übungen an. Im weiteren Unterrichtsverlauf kommt es zu einem Wechselspiel der beteiligten Lehrkräfte. Dies hängt aber im Wesentlichen von der Bereitschaft der KollegInnen, deren Vorraussetzungen und persönlichen Erfahrungen ab. Wenn zwei Professionen zusammenarbeiten, bringt jede ihre spezifische Seite, Kompetenzen, usw. ein. KlassenlehrerInnen haben die Möglichkeit in die Beobachterrolle zu gehen und die Gruppenprozesse in der Klasse zu beobachten.
- Die Gruppe kann zeitweilig in Kleingruppen aufgeteilt und pädagogisch unterstützt werden.
- Da die Schulsozialpädagogin in allen Klassen bei SoLe mitarbeitet, hat sie einen guten Überblick und kann ihre Erfahrungen und ihr Wissen auch an neu mit den Themen befasste Lehrpersonen weiter geben.
Elterninformation
- Auch die Eltern gehören bei dem Konzept mit ins Boot. Es gibt zu jedem Baustein einen Elternbrief, der über die Inhalte informieren und die Eltern zur Mitarbeit anregen soll, diese Themen bewusst mit ihren Kindern auch im häuslichen Rahmen zu besprechen.
Schulinterne Fortbildung
- Die Schulleitung legt mit den KollegInnen die Fortbildungsschwerpunkte fest. Größere Gruppen von KollegInnen nehmen daran teil.
- Wenn sich im Frühjahr die KollegInnen für die Klassenführung in den 5. Klassen entschieden haben, setzen sie sich noch vor Schuljahresende zusammen und besprechen die Inhalte. Viele KollegInnen haben inzwischen das Lions-Quest Einführungsseminar “Erwachsen werden“ besucht und kennen das Programm. Als EinsteigerInnen können sie noch im Vorbereitungshalbjahr eine Fortbildung besuchen oder werden von der Schulsozialpädagogin geschult. Materialien, die wir bei der Lions Quest-Fortbildung erhielten, konnten wir direkt zur Unterstützung für KollegInnen einsetzen, die eine Klasse der Jahrgangsstufe 5 neu übernommen hatten.
- In zum Teil schulinternen Fortbildungen (z. B. „Förderung der Gruppenfindung“ und „Einzelförderung von SchülerInnen“ von Frau Inge Dammann) lernen KollegInnen Grundhaltungen und Methoden kennen, die auch im Fach SoLe Anwendung finden (z. B. Eierauffangmaschine; s. auch Pkt. 2.2 Vorbehalte und Widerstände bei Einführung).
- Weitere Fortbildungen s. Pkt. 2.2 Qualifizierung als Zugang zur Suche und Entwicklung von Lösungsansätzen
Bewertung bzw. Selbstbewertung
Auf eine Bewertung der Schülerleistungen in Form von Noten wird verzichtet. Besonders engagierte Mitarbeit wird bei durchgeführten Aufgaben und auch Hausaufgaben mit Stickern gewürdigt. Sie werden in einer Tabelle sichtbar für alle MitschülerInnen festgehalten. SchülerInnen, die besonders gut gearbeitet haben werden, mit einem Zertifikat zum Ende jeden Schulhalbjahres honoriert.